Die Paketbranche boomt, aber der Konkurrenzkampf ist heftig. Das hat auch Auswirkungen auf die Löhne und Arbeitsbedingungen der Paketboten. Foto: dpa

Der Arbeitsminister will gegen Missstände in der Branche vorgehen. Die FDP hält den vorgeschlagenen Weg für untauglich. Südwest-Landeschef Theurer spricht von einem „bürokratischen Monstrum“.

Berlin - Die Freien Demokraten haben die Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für eine stärkere Bekämpfung von Sozialdumping in der Paketbranche heftig kritisiert. „Die Ausweitung der Nachunternehmerhaftung ist ein bürokratisches Monstrum und durchbricht das Ordnungsprinzip der Sozialen Marktwirtschaft“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, am Sonntag unserer Redaktion. Theurer, der auch Vorsitzender der Liberalen in Baden-Württemberg ist, sagte weiter, gerade kleine und mittelständische Firmen müssten auf diese Weise für das Handeln anderer geradestehen, ohne selbst Einfluss auf die Durchsetzung von Rechten und Pflichten zu haben.

„Die ausführenden Unternehmen sind in der Pflicht, sich an gesetzliche Regelungen zu halten, das muss kontrolliert und durchgesetzt werden. Alles andere führt zu mehr Bürokratie und ist bloße Symbolpolitik“, betonte Theurer.

Baubranche als Vorbild

Arbeitsminister Heil hatte am Wochenende angekündigt, per Gesetz gegen Missstände in der stark umkämpften Paketbranche vorgehen zu wollen. Paketdienste wie DHL, DPD oder Hermes sollen ebenso wie kleinere Anbieter für korrekte Arbeitsbedingungen bei allen Subunternehmen verantwortlich gemacht werden. Drückt sich ein Subunternehmen vor der Zahlung von Sozialabgaben für seine Beschäftigten, müssten die Auftraggeber dafür einstehen.

„Ich bin nicht bereit, die Entwicklung in Teilen der Paketbranche länger zu akzeptieren“, sagte der Arbeitsminister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Zustände in der Branche seien zum Teil beschämend. Ihm gehe es um fairen Wettbewerb, soziale Sicherheit und bessere Arbeitsbedingungen. Vorbild für Heils Pläne ist die Baubranche, wo die so genannte Nachunternehmerhaftung schon seit 2002 gilt.

Erst kürzlich hatte der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, über teils „mafiöse Strukturen“ in der Paketbranche geklagt. Nach seiner Darstellung engagieren die Logistik-Firmen Subunternehmer, die dann wiederum andere Firmen beauftragen. In den Fahrzeugen säßen oft Beschäftigte aus der Ukraine, Moldawien oder Weißrussland, die für Stundenlöhne von 4,50 oder 6 Euro arbeiteten und bis zu 16 Stunden am Tag schufteten. Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland liegt zurzeit bei 9,19 Euro pro Stunde.

Firmen weisen Kritik zurück

Der Branchenverband Biek erklärte daraufhin, dass die Unternehmen ihre Vertragspartner zur Zahlung des Mindestlohns und zur Erfassung der Arbeitszeit verpflichteten. Auch die großen Paketdienste betonten, dass sie von ihren Subunternehmen die Einhaltung geltender Vorschriften verlangten.

Unterstützung bekam Heil am Sonntag von den Grünen im Bundestag. Deren Arbeitsmarkt-Expertin Beate Müller-Gemmeke sagte unserer Redaktion, eine Nachunternehmerhaftung für Paketdienste sei dringend notwendig. „In der Logistikbranche besteht ein schwer zu durchschauendes Geflecht von Sub- und Subsubunternehmen. Das ist schon lange bekannt und deshalb sind neue gesetzliche Regelungen überfällig, um die Beschäftigten effektiv und besser zu schützen“, betonte die Reutlinger Abgeordnete. Wie sich CDU und CSU als Koalitionspartner der SPD in dieser Frage positionieren werden, ist noch unklar: Die Fachpolitiker der Union wollten sich am Wochenende nicht zu den Heil-Plänen äußern. Man wolle erst einmal abwarten, was der Minister im Detail vorschlage, hieß es in Fraktionskreisen.