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Neue Ausweichstrecken gesucht: Die Lkw-Maut soll künftig auch auf Bundesstraßen gelten.

Stuttgart - Der Plan von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), die Lkw-Maut auf vierspurige Bundesstraßen auszuweiten, ist auf verhaltene Zustimmung gestoßen - mit Ausnahme des Speditionsgewerbes. Die Fuhrunternehmer werden sich vor allem in Baden-Württemberg neue Ausweichstrecken suchen müssen.

Nun also doch. Lange schon wurde in Berlin darüber nachgedacht, wie sich die Einnahmen auf dem Verkehrssektor erhöhen ließen. Da die Pläne für eine Pkw-Maut für unbestimmte Zeit als ausgesetzt gelten, blieb nur der Schwerverkehr. Er soll ab dem kommenden Jahr stärker zur Kasse gebeten werden - mit einer Mautpflicht auf allen vierspurigen Bundesstraßen.

61 Bundesstraßen mit einer Länge von 4362 Kilometern verlaufen allein durch Baden-Württemberg. 13 Prozent davon sind vierspurig. Im Vergleich zu anderen Ländern verfügt der Südwesten über ein recht dünnes Autobahn- und ein umso größeres Netz an Bundesstraßen. Sie wurden in der Vergangenheit vielfach zum Autobahnersatz ausgebaut - und damit auch zum kostenfreien Autobahnersatz für Spediteure. Zu den meistbefahrenen zählen die durch Stuttgart verlaufenden B 10, B 14 und B 27.

"Die Regierung muss notfalls Durchfahrtsverbote erlassen"

Verkehrsminister Ramsauer rechnet mit Mehreinnahmen von 100 bis 150 Millionen Euro jährlich. Das Einnahmeplus infolge des schwarz-gelben Sparpakets ist aber nur ein Grund. Ein zweiter ist die Eindämmung des Ausweichverkehrs. Das Ministerium prüft derzeit die rechtlichen und technischen Voraussetzungen einer Maut auf Bundesstraßen. Mit ähnlichen Pannen des Betreibers Toll Collect wie bei der Einführung auf Autobahnen 2005 rechnen die Verantwortlichen in Berlin nicht mehr. Das System sei inzwischen ausgereift.

Ramsauers Pläne stießen bei anderen Parteien und Verkehrsverbänden auf allgemeine Zustimmung. Tenor: Ein richtiger Schritt, aber kein großer Wurf. Der verhaltene Kommentar von Baden-Württembergs Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU): "Wir begrüßen es, wenn mehr Mittel bei zweckmäßiger Verwendung in den Bundesfernstraßenhaushalt fließen." Das Geld dürfe jedoch nicht wieder von der einen in die andere Tasche fließen. Schwierig sei es, die verkehrlichen Auswirkungen für den Südwesten abzuschätzen.

Der Verkehrsexperte der Landtags-SPD, Hans-Martin Haller, forderte Gönner dazu auf, Anwohner vor neuerlichem Ausweichverkehr entlang von Landes- und Kreisstraßen zu schützen, die häufig parallel zu den Bundesstraßen führen. "Die Regierung muss notfalls Durchfahrtsverbote erlassen." Die gibt es in Baden-Württemberg heute schon wie in keinem anderen Bundesland. Hallers Pendant bei den Grünen, Werner Wölfle, fürchtet ebenfalls, dass Brummi-Fahrer künftig die zweispurigen Bundesstraßen in ihr Navi eingeben - zumindest auf dem Land. Stuttgart hingegen könnte von der Bundesstraßen-Maut profitieren, da es für Lkw hier kaum lohnenswerte Alternativen gibt. Nach Ansicht der Grünen müsste die Lkw-Maut auch auf Transporter ab 3,5 Tonnen wie in Österreich und der Schweiz ausgedehnt werden. Bisher liegt die Grenze bei zwölf Tonnen.

Schockiert reagierte das Transportgewerbe, auch wenn man auf die Gesetzesänderung insgeheim schon vorbereitet war. "Ausgerechnet jetzt, wo es in der Branche langsam wieder aufwärts geht, den Betrieben neue Kosten aufzudrücken, ist volkswirtschaftlich verheerend", sagte Gerd-Jürgen Britsch, Präsident des Verbands Spedition und Logistik Baden-Württemberg. Zwar würden die meisten Fuhrunternehmer jeden Euro aus der Maut als "durchlaufenden Posten" sehen. Das heißt, sie versuchen die Mehrkosten zu hundert Prozent an den Auftraggeber bzw. Endverbraucher weiterzugeben. Britsch: "Aber zunächst einmal tragen wir die Kosten. Wenn ein Unternehmen pleitegeht, bleiben wir darauf sitzen." Die Spediteure seien nichts anderes mehr als die "Geldeintreiber des Staates".