Der Autor Abdulrazak Gurnah ist der diesjährige Literaturnobelpreisträger. Er schreibt über Kolonialismus und Kulturbegegnungen. Foto: dpa/Alberto Pezzali

Das Verbindende suchen sowohl das Schwedische Nobelkomitee als auch der ausgezeichnete Autor Abdulrazak Gurnah, deshalb ist es eine gute Wahl. Die Meinung unseres Autors Manfred Loimeier.

Stuttgart - Der Nobelpreis für Literatur geht an Abdulrazak Gurnah – das ist eine ebenso überraschende wie positive Nachricht. Zwar schwang Afrika als möglicher Zielkontinent für die Preisverleihung in Stockholm schon seit Langem mit, aber den seit Jahrzehnten in Großbritannien lebenden Autor hatte wohl niemand auf der Favoritenliste.

 

Und zwar auch deshalb, weil Gurnah auf Literaturpodien wie in politischen Diskussionen immer mit Bedacht sprach, eher abwägend und zögerlich, wenngleich klar in der Position: dass Europas herablassender Blick auf Afrika verwerflich ist und wenig förderlich für ein gelingendes Auskommen miteinander.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Wer ist Abdulrazak Gurnah

Ttypisch für die Stockholmer Akademie

Aber Gurnah geht es in seinen Büchern nie um das Trennende, und wenn er darin kulturelle Unterschiede herausarbeitet, dann mit dem Ziel, wie diese zu überwinden sind. Insofern ist die Auszeichnung eines versöhnlichen Autors, wie Gurnah einer ist, typisch für die Stockholmer Akademie, die in der Regel das Kontroverse scheut und das Verknüpfende sucht.

Und gerade nach der Preisverleihung an Peter Handke 2019 war wohl ein Autor, der mehr das Gemeinsame als das Verschiedene in den Vordergrund rückt, die nahe liegende und eine gute Wahl. Sie zeugt auch von einem kundigen Gespür der Jury, die neben dem Thema der kulturellen Begegnung damit auch die literarische Qualität berücksichtigt, das Spiel mit Stil und Form. Kompliment also nicht nur an Gurnah, sondern auch nach Stockholme an die Jury!