Zweimal musste die Ludwigsburger Feuerwehr schon Aktivisten von der Straße holen. Den Einsatz freiwilliger Wehrleute sieht der Kreisbrandmeister Andy Dorroch kritisch.
Wer soll die festgeklebten Klimaaktivisten der Letzten Generation vom Asphalt lösen? Zweimal musste bereits die freiwillige Feuerwehr von Ludwigsburg das Geschäft übernehmen. Kein Verständnis hat der Kreisbrandmeister Andy Dorroch für die Aktivisten. Seiner Meinung nach sollten die freiwilligen Feuerwehren nicht mit dieser Aufgabe belastet werden.
Herr Dorroch, Feuerwehren helfen immer wieder Menschen – warum nicht auch Klimaaktivisten?
Wir tun das, aber grundsätzlich rechtfertigt nur eine lebensbedrohliche Zwangslage einen Feuerwehreinsatz: wenn jemand etwa durch einen Arbeitsunfall eingeklemmt ist. Ein Mensch, der auf der Straße festklebt, hat sich selbst in diese Situation gebracht und ist nicht lebensbedrohlich gefährdet.
Aber um ihn herum fließt viel Verkehr . . .
. . . den die Polizei um ihn herumleitet und gegen den fließenden Verkehr schützt. Wir Akteure an diesen Einsätzen sind uns einig: Der Verkehrsfluss ist gestört, weshalb wir uns in einer engen Abstimmung mit den Kommunen befinden, um gemeinsam dafür zu sorgen, dass der Verkehr wieder fließt. Eine Kernzuständigkeit liegt bei diesen Einsätzen daher eher beim städtischen Ordnungsamt.
Müsste also der Vollzugsdienst die Aktivisten von der Straße loslösen?
Die Pflicht liegt bei der Stadt – und tendenziell nicht bei der freiwilligen Feuerwehr oder der Landespolizei. Wir sehen die wesentliche Zuständigkeit bei der Ortspolizeibehörde, also dem Ordnungsamt.
Warum haben sich dann aber Feuerwehrleute um die Klima-Kleber in Ludwigsburg gekümmert?
Die Stadt Ludwigsburg hat in ihrer freiwilligen Feuerwehr eine hauptamtliche Abteilung, ähnlich wie sie auch Mitarbeiter im Bauhof beschäftigt. Diese Feuerwehrleute sind Berufsfeuerwehrleute. Im Gegensatz zu den freiwilligen Feuerwehren werden diese nicht an ihren Arbeitsstätten alarmiert, sondern stehen tagsüber auf der Feuerwache in Ludwigsburg unmittelbar zur Verfügung. Diese Abteilung der Feuerwehr Ludwigsburg war auch in den beiden bisherigen Fällen vor Ort und hat die Arbeit erledigt.
Sind Sie mit dem bisherigen Vorgehen zufrieden?
Letztlich schon – es ist für alle Beteiligten eine neue Herausforderung, und Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und Verwaltungen sind intensiv im Gespräch miteinander. Ich finde es wichtig, in den übrigen Städten und Gemeinden des Landkreises die freiwilligen Feuerwehren nicht extra zu alarmieren und damit die ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht von ihren Arbeitsplätzen wegzurufen.
Was halten Sie von den Aktionen der Letzten Generation?
Ich habe ja ein gewisses Verständnis dafür, dass man meint, unbequem sein zu müssen, wenn man sich für den Klimaschutz einsetzt. Aber für mich ist es ein absolutes No-Go, wenn die Rechte der Allgemeinheit durch solche Straßenblockaden eingeschränkt werden. Die Aktivisten leisten dem Klimaschutz einen Bärendienst.
Was ist eigentlich das beste Mittel, um festgeklebte Hände loszukriegen?
Das hängt vom jeweiligen Klebstoff ab. Wir haben inzwischen eine regelrechte Materialliste – ich möchte aber keine Details verraten. Man muss auch sagen, dass die Aktivisten bisher kooperativ waren und im Rahmen ihres gewaltfreien Agierens niemanden von uns angegriffen haben. Wir bei der Feuerwehr verhalten uns der Lage entsprechend professionell. Die Einsätze waren jedes Mal nach einer Stunde beendet.
Trotzdem könnte die Feuerwehr dort jederzeit ein Alarm erreichen?
Ja, dann müssten wir sofort weg. Was wir auch tun!
Befürchten Sie, dass die Bereitschaft sinkt, bei der Feuerwehr zu helfen, wenn solche Einsätze dazugehören?
Nein. Es ist ja nicht unsere Kernaufgabe, Klima-Kleber von Straße zu entfernen. Wir stehen voll in der Wirklichkeit. Es gibt Einsätze, nach denen wir voller Stolz zurückkehren. Und es gibt Situationen, in denen wir nur zweiter Sieger sind, nach denen auch die ein oder andere Träne rollt. Manchmal können wir über eine Situation lachen, manchmal nur den Kopf schütteln. So ist das Leben, und so ist auch Feuerwehr. Ich sehe das Bisherige positiv: Wir haben zweimal geholfen.
Welche Aufgaben hat ein Kreisbrandmeister?
Person
Andy Dorroch ist 47 Jahre alt und stammt gebürtig aus Spaichingen. Zum Kreisbrandmeister des Landkreises Ludwigsburg ist der Absolvent der höheren Feuerwehrausbildung im Jahr 2012 ernannt worden.
Aufgaben
Der Kreisbrandmeister sowie seine drei ehrenamtlichen Stellvertreter unterstützen die Kommandanten der Gemeindefeuerwehren mit Rat und Tat bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Unter anderem beaufsichtigt er die Integrierte Leitstelle, ist bei Großeinsätzen vor Ort und wirkt im Führungsstab des Katastrophenschutzes mit. Auch ist die Aus- und Fortbildung der Wehren ein wichtiger Punkt.