Kunst aus Müll entsteht mit Michel Bischof. Foto: Michael Bosch

In der Nachmittagsbetreuung dürfen Grundschüler nicht nur ihrer Kreativität freien Lauf lassen, sie lernen auch, dass aus Altem wieder Neues entstehen kann.

Kornwestheim - Acht Millionen Tonnen Plastikmüll landen jedes Jahr im Meer. Das hört sich schon mal ziemlich viel an. Und den Tieren, den Pflanzen, dem ganzen Ökosystem tun die ganzen Tüten, Deckel oder Folien überhaupt nicht gut. Und es könnte noch schlimmer werden: Wissenschaftler haben berechnet, dass sich die Menge an Müll, der in den Ozeanen auf der ganzen Welt entsorgt wird, in den kommenden zehn Jahren verzehnfachen wird, wenn die Menschheit keinen Weg findet, um ihre Müllsammlung und -verwertung zu verbessern.

Dass man mit Dingen, die man auch wegwerfen könnte, neues schaffen kann, davon könnten die Kinder aus der Nachmittagsbetreuung von Michael Bischof erzählen. Zwischen 70 und 80 Kinder kommen jede Woche zum Basteln – und sie verwenden nur Müll. An den Wänden im Haus der sozialen Dienste reihen sich große Kisten – die „Müllstraßen“ – mit Milchtüten, gebrauchten Shampooflaschen, Joghurtbechern, Klopapierrollen, Eierkartons, Knöpfen, Plastikperlen, Kronkorken und Plastikdeckeln – alles Dinge, die man eigentlich nicht mehr braucht. Und womit die meisten Erwachsenen eigentlich nichts mehr anfangen können. Die Kinder aus der Mittagsbetreuung von Michael Bischof aber sehr wohl. Sie nennen die Materialien, die sie zum großen Teil selbst sammeln und mitbringen, „Schätze“.

Erlaubt ist alles außer Glas und Metall. „Ein Kind hat auch schon mal einen alten Schuh vom Papa mitgebracht“, erzählt Michael Bischof zum Beispiel. Er und die Grundschüler setzen sich zusammen und überlegen, was der Schuh mal war, und was aus ihm werden könnte. Dann lernen die Zweit- und Drittklässler auch noch, dass man sparsam mit Ressourcen umgehen muss. Sie sind nämlich endlich.

Auf die Ideen, was aus dem Müll werden könnte, kommen die Kinder eigentlich ganz allein. Aus dem Innenteil eines Eierkartons kann mit etwas Fantasie und Farbe eine Maus werden. Wer oben noch zwei Korken aus einer alten Weinflasche aufklebt, hat ein Hund. Aus einem alten Joghurtbecher wird, wenn man ihn anders zusammenklebt, Sid aus dem Film „Ice Age“. Und aus dem Verschluss einer Schnapsflasche, ein paar Pfeifenreinigern und Perlen wird schnell eine Qualle. Erlaubt ist alles, was Spaß macht. Nur wenn man unnötig zuviel Kleber aus der Heißklebepistole verbraucht – auch damit dürfen die Kinder basteln – das mag Michael Bischoff nicht so gern.

„Bei uns kann man nix falsch machen“, sagt Bischof, der in Kornwestheim zum Beispiel auch das Seifenkistenrennen organisiert. Die Kinder dürfen sich bei ihm auch immer selbst Themen aussuchen. Zuletzt haben sie Gartenzwerge bemalt. Die hat Michael Bischof umsonst bekommen, weil sie ein paar kleine Macken und Kratzer hatten und deshalb nicht verkauft werden konnten. Statt im Müll zu landen, haben die Kinder der Silcherschule Kunst draus gemacht. „Es sollte alles werden, nur kein Gartenzwerg“, sagt Michael Bischof. Und das haben sich die Kinder auch zu Herzen genommen. Die Ex-Zwerge haben blinkende Nasen, sind grün, gelb und blau – und auch sonst haben sie nichts mit den Bewohnern der Vorgärten, die man sonst so kennt, zu tun. Jeder Zwerg hat auch noch seine eignen Wohnung bekommen. Der von Isabelle zum Beispiel hat eine Pfanne in der Hand. „Er macht Eier“, sagt die Zweitklässlerin. Und in dem kleinen Schuhkartonhaus stehen Möbel und auch ein Fernseher. Der ist rund. „Weil der Zwerg lieber einen runden Fernseher haben wollte“, sagt Isabelle. Im Kurs von Michael Bischof ist, wie gesagt, alles erlaubt.