Rund 20 Jahre war der Burkhardts-Keller der Pferdemarkt-Keller, in dem auch auf den Bänken getanzt wurde: Jetzt hat Hobby-Wirt Klaus Fuchs genug vom bürokratischen Aufwand. Foto: Peter Petsch

„Die Keller unter den Häusern der Leonberger Altstadt gehören zum Pferdemarkt wie die Rösser.“ So wirbt die Stadt für einen speziellen Teil ihres mehr als 300 Jahre alten Traditionsfestes. Der Keller mit der zweitlängsten Tradition bleibt 2013 allerdings zu – die Bürokratie überfordert den Hobby-Wirt.

Leonberg - Seit Anfang der 70er Jahre haben die Familie Burkhardt und ihre Sprösslinge den Burkhardts-Keller an der Sonnenkreuzung zum Pferdemarkt geöffnet. Von den aktuell bewirteten Gewölbekellern hat nur der Abele-Keller eine längere Tradition. Die vergangenen 20 Jahre waren Klaus Fuchs und sein Bruder Robert am Ruder. „Natürlich auch zum Geld verdienen, klar“, sagt Klaus Fuchs und will gar nicht den Eindruck erwecken, dass es sich hier um eine rein ehrenamtliche Geschichte handelt. „Aber in erster Linie geht es schon darum, alte Freunde und Bekannte zu treffen“, sagt der 42-Jährige, „zum Pferdemarkt sind sie von Hamburg, Köln, München und sogar von Detroit aus angereist.“

Bankkaufmann Fuchs verdient sein Geld als Inhaber einer Versicherungsagentur, das Zubrot als Hobby-Wirt hatte er noch nie nötig. Vor etwa zehn Jahren reduzierten die Brüder von fünf auf drei Öffnungstage, zuletzt machten sie nur noch freitags und samstags auf. 2013 lassen sie den Laden ganz zu – aus Frust über die Auflagen der Behörden.

Klaus Fuchs attestiert niemandem bösen Willen. „Aber als Keller-Betreiber wirst du behandelt wie ein Profi-Gastronom“, sagt er. „Einerseits wirbt die Stadt mit ihrem 300 Jahre alten Fest und den Kellern, andererseits gibt es keine Sonderregelungen dafür.“ Fuchs findet, dass er in den Wochen vor dem Pferdemarkt genug damit zu tun hat, sich um eine Musikanlage und Spülmaschinen zu kümmern, die Klos von einer Spezialfirma durchspülen zu lassen, zusätzliche Toilettenhäuschen, Getränke und Speisen zu bestellen, Geschirr vorzuspülen und den Keller herauszuputzen – neben seinem Broterwerb.

Zweiter Fluchtweg über eine Leiter

Zusätzlich muss er jedes Jahr aufs neue eine Genehmigung beantragen, seine geringfügig Beschäftigten beim Arbeitsamt und bei der Berufsgenossenschaft anmelden, eine Pauschale für jeden für die Rentenversicherung an die Bundesknappschaft abführen, und zwischendurch kündigt die Rentenversicherung dann noch eine separate Prüfung an. Und das ist nur die organisatorische Seite – bevor die Behörden den Keller unter die Lupe nehmen.

Bei sogenannten Begehungen fällt den Beamten dann auf, was am Ort des Geschehens zu erledigen ist. So musste in den 90er Jahren ein hinteres Gewölbe auf Fuchs’ Kosten aufgemauert werden, damit ein Hohlraum unter der Straße auf Kosten der Stadt aufgefüllt werden konnte. Dann musste ein zweiter Fluchtweg über eine Leiter her, der mit Sonderleuchten ebenfalls eine Summe im vierstelligen Bereich kostete. Dann ließ Fuchs die Massivholzverkleidung im Eingangsbereich mit Gipskarton unterlegen: „Der hält bis 1000 Grad“, sagt Fuchs, „und ein Sachverständiger hat mir bestätigt, dass man das Holz kaum entzünden kann.“

Nachdem eine Delegation des Bauamts mit dem Kreisbrandmeister im Dezember angekündigt hatte, dass das Holz auch von der anderen Seite verkleidet werden müsse, dass Rauchmelder erforderlich seien und das Rauchen auch im Nebenraum zu verbieten sei, war für die Brüder Schluss mit lustig. Zumal bei Verstößen gegen Auflagen üblicherweise eine Konventionalstrafe von bis zu 50.000 Euro droht. „Irgendwann reicht es mit Auflagen“, sagt Klaus Fuchs, „hier ist 40 Jahre nichts passiert.“

„Da wird es schwierig, wenn ein Brand ausbricht“

Stadtsprecherin Undine Binder-Farr bedauert Fuchs’ Entscheidung: „Das ist sicherlich traurig.“ Sie sagt, dass der Burkhardts-Keller ein Sonderfall ist, weil es anders als in anderen Kellern wenig Sitzplätze gebe und dadurch besonders viele Gäste hineinpassten. „Da wird es schwierig, wenn ein Brand ausbricht“, sagt Binder-Farr, „und der Brandschutz ist in den vergangenen Jahren immer mehr verschärft worden.“ Offensichtlich spiele das Thema auch ohne Vorkommnisse in Leonberg in der Gesellschaft eine immer größere Rolle. „Wir sind nicht diejenigen, die bürokratische Hürden erfinden“, betont Undine Binder-Farr aber auch, „als Kommune müssen wir die Auflagen weitergeben.“

Binder-Farr lässt durchblicken, dass vor dem 242. Pferdemarkt die Öffnung aller Keller fraglich war: „Das Landratsamt hatte durchaus Bedenken, die Keller öffnen zu lassen, insofern sind wir sehr froh, dass wir das erlauben können.“ Nach dem Pferdemarkt wolle die Stadt das Thema offensiv angehen. „Dann wollen wir auch mit dem Landratsamt öffentlich diskutieren, wie es künftig mit den Kellern steht“, sagt Binder-Farr und verspricht: „Wir wollen Wege finden, um das Feiern nicht grundsätzlich zu verbieten.“ Klaus Fuchs könnte einiges zu der Diskussion beitragen.