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Wenn Politiker saftige Honorare kassieren, ist das nie ohne Eigennutz, sagt Wolfgang Molitor.  

Ein Honorar ist die Vergütung freiberuflicher Leistungen - zum Beispiel von Künstlern, Anwälten, Autoren, Journalisten, Ärzten oder Architekten. Bei Schauspielern, Musikern und Fotomodellen nennt man es Gage. Das Wort Honorar kommt aus dem Lateinischen von honorarium (Ehrengeschenk). Im alten - nicht zu verwechseln mit dem spätrömisch-dekadenten - Rom wurden die Mitglieder des Senats mit einem Honorar bedacht. Womit wir bei der Politik und Guido Westerwelle gelandet wären. Oder bei Jürgen Rüttgers. Oder Walter Riester. Oder Gerhard Schröder. Oder Joschka Fischer. Quer durch den ganzen Parteigemüsegarten.

Nein, natürlich muss man nicht gleich argwöhnen, dass da eine verdeckte Parteienfinanzierung stattfindet, auch dann nicht, wenn zumindest die noch aktiven Politiker ihr stattliches Honorarsümmchen brav an den Parteikassierer überweisen. Gegen Spendenquittung und versteuert, versteht sich. Man muss auch nicht gleich unterstellen, Honorare seien ein Indiz für politische Käuflichkeit oder den plumpen Versuch, sich parlamentarische Entscheidungsträger und altgediente Strippenzieher mit ein paar Tausend Euro mehr oder weniger gefügig zu machen. In der Regel findet der Politiker-Vortrag, dessen Honorar nach einem (wenn auch wenig aussagekräftigen, weil auf maximal 7000 Euro gedeckelten) Drei-Stufen-System angegeben werden muss, im vorpolitischen Rahmen statt. Vor den Augen einer interessierten Öffentlichkeit.

Man schmückt sich. Der Veranstalter mit dem großen Namen, der den Gästen eine gewisse Nähe, ja Vertrautheit zu den großen und kleinen Mächtigen dieser Republik vermitteln soll. Ein Ministername, ein Parteivorsitzender, ein Kanzler, ein Ministerpräsident (gleich ob einer von morgen oder einer von gestern) - das sind Namen, die locken, für Aufmerksamkeit sorgen in der Regel schöne Fotos von wissend-lächelnden Gesellschaftsstützen. Und der Politiker? Er kann sich vor einem Publikum, das er gemeinhin für wichtige Multiplikatoren halten darf, produzieren. Mit Aussagen über sein Politikverständnis, Wortwitz und dem berechnend gewährten Einblick ins Persönliche. Das ist das, was man in Deutschland gemeinhin als Win-win-Situation bezeichnet. Eine Hand wäscht die andere.

Die SPD nennt das anfüttern - ohne abstreiten zu können, dass Westerwelle sich bei seinen zwischen 2005 und 2009 als Oppositionspolitiker gehaltenen, jetzt heftig kritisierten Vorträgen völlig legal verhalten hat. Alle 36 Reden hat er - getreu den Verhaltensregeln des Bundestags, die unter Mitwirkung der SPD entstanden sind - angegeben. Dass er dafür weit über eine viertel Million Euro eingesteckt hat, mag angesichts mancher Hotelketten- und Bank-Auftraggeber politisch entlarvend sein: Rechtlich vorzuwerfen hat sich Westerwelle nichts. Sein Problem ist ein ganz anderes: Der FDP wird zugetraut, es mit den Grenzen zwischen partiellen Wirtschaftsinteressen und dem gesellschaftspolitischen Gesamtwohl nicht so genau zu nehmen. Klientelpolitik heißt das dann. Und Westerwelle ist der liberale Kopf, der diesen Verdacht, diese Unterstellung immer wieder marktschreierisch bedient.

Angefüttert und abgestempelt. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt's sich nicht länger ungeniert: für Linke, Grüne und SPD ein gefundenes Fressen. Wer Vorurteile bedient, braucht keine eigenen Argumente. Dass der Altgenosse Ex-Arbeitsminister Riester über 70 Vorträge gehalten und damit deutlich mehr als der FDP-Chef kassiert hat - wen schert's? Denn schließlich liegt die SPD damit ja nicht falsch: Es ist eben ein Unterschied, ob ein Minister in spe oder einer a. D. die Hand aufhält. Ohne Moos nix los? Es wäre nicht nur für die FDP fatal, sollte Westerwelle diesem Spruch in der Politik sein Gesicht geben.