Der Klassiker in der Altersvorsorge: die Lebensversicherung. Foto: dpa Themendienst

Lange Zeit galt die Lebensversicherung als attraktive Anlage für die Altersvorsorge. Doch seit einigen Jahren sinken die Zinsen – ein weiterer Schritt nach unten droht.

Lange Zeit galt die Lebensversicherung als attraktive Anlage für die Altersvorsorge. Doch seit einigen Jahren sinken die Zinsen – ein weiterer Schritt nach unten droht.

Berlin - Die Lebensversicherung ist der Klassiker bei der Altersvorsorge. Und genau dieses Produkt soll unattraktiver werden. Der Garantiezins, die sichere Rendite auf die gesamte, oft jahrzehntelange Laufzeit der Policen, soll zum 1. Januar 2015 auf 1,25 von 1,75 Prozent sinken. Grund sind die anhaltend niedrigen Zinsen, die es der Branche immer schwerer machen, ihre Zusagen gegenüber den Kunden einzuhalten.

In der klassischen Lebensversicherung garantieren Unternehmen ihren Kunden bei Vertragsabschluss einen Zins, der für die gesamte Laufzeit des Vertrags gilt. Wie hoch dieser Zins höchstens sein darf, legt der Gesetzgeber fest. Jedes Jahr um diese Zeit beraten die führenden Versicherungsmathematiker, die in der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) zusammengeschlossen sind, ob der Garantiezins noch angemessen ist oder verändert werden muss. Sie geben ihre Empfehlung an den Bundesfinanzminister, der in Abstimmung mit der Finanzaufsicht Bafin dann entscheidet.

In der Regel folgt das Bundesfinanzministerium dem Vorschlag der Versicherungsmathematiker. So groß ist deren Spielraum auch nicht. „Der Gesetzgeber schreibt vor, dass sich der Garantiezins am zehnjährigen Durchschnittszins für Euro-Staatsanleihen orientiert. Er darf nicht mehr als 60 Prozent dieses Durchschnittszinssatzes betragen“, erklärt Norbert Heinen, Chef der Württembergischen Lebensversicherung und Leiter der Gruppe Lebensversicherungen beim DAV. Die Festsetzung des sogenannten Höchstrechnungszinses durch den Staat soll sicherstellen, dass Unternehmen sich bei den Garantiezusagen nicht übernehmen und ihre Versprechen auch in ferner Zukunft erfüllen können. Versicherer dürfen ihren Kunden zwar eine geringere, aber keine höhere Verzinsung fest zusagen. Faktisch unterbietet aber kaum ein Unternehmen die staatliche Vorgabe.

Die Experten aus der Branche raten aber dazu, ihre Empfehlung im Laufe des Jahres noch einmal zu überprüfen. „Sollten die Zinsen überraschend kräftig anziehen, könnte das Finanzministerium überlegen, die Änderung des Garantiezinses zurückzunehmen“, sagt Heinen. Das käme dann auch den Versicherern recht. Denn bei steigenden Zinsen, befürchtet die Branche, lassen sich Verträge mit einem sehr niedrigen Garantiezins nur noch schlecht verkaufen.

Policen werden für Kunden unattraktiver

Lange haben die Finanzmathematiker über den Umfang der Absenkung beraten, „ob die Senkung des Garantiezinses in zwei Trippelschritten erfolgen sollte oder, wie jetzt entschieden, in einem größeren Schritt“, so Heinen. Entschieden haben sie sich für den großen Schritt.

Für die Kunden werden Policen dadurch unattraktiver. „Bei einer Garantieleistung von 1,25 Prozent ist die Lebensversicherung nicht viel besser als der Sparstrumpf“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Der Garantiezins ist allerdings nur eine Komponente. Hinzu kommen die Überschussbeteiligung, der Schlussüberschuss und die Beteiligung an den Bewertungsreserven, die der Versicherer bei Beendigung der Verträge auszahlt. Nauhauser verweist aber auf Pläne des Gesetzgebers, die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven zu kürzen.

Der Branchenverband GDV erklärte, die Senkung sei nicht überraschend, komme aber zu früh. „Den Höchstrechnungszins bereits zum 1. Januar 2015 um 0,5 Prozentpunkte zu reduzieren wäre übereilt.“ Die Märkte würden derzeit ausgesprochen schwanken. „Noch etwas mit der Entscheidung zu warten wäre sinnvoll“, sagte auch Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata. Überrascht vom Ausmaß des Zinsschrittes ist Axel Kleinlein, Vorstand beim Bund der Versicherten (BdV). „Eine derart drastische Maßnahme kann ich nicht nachvollziehen.“ Die Versicherer schlagen sich ihm zufolge ausgesprochen gut in der Niedrigzinsphase. „Viele Versicherer haben auch mit einem Garantiezins von 1,75 Prozent keine Probleme“, so Kleinlein. Die Absenkung des Garantiezinses sieht er als Maßnahme, andere Produkte als die klassische Lebensversicherung zu unterstützen.

Als Ausweg aus dem Zinsdilemma haben mehrere Anbieter vor kurzem Lebensversicherungen ohne Garantiezins auf den Markt gebracht. Zugesichert werden den Kunden dabei nur der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente. Den Rest bestimmt das Umfeld an den Kapitalmärkten: Geht es bergauf, profitieren auch die Kunden; geht es bergab, sieht es für sie mau aus.

Lebensversicherungen sind der Hit in der Altersvorsorge. In Deutschland gibt es mehr Lebensversicherungsverträge als Einwohner. Im Schnitt schließen die Deutschen mit etwa 37 Jahren eine Lebensversicherung ab, teilt der Branchenverband GDV mit. Männer haben im Jahr 2012 statistisch gesehen im Alter von 36,4 Jahren eine neue Police abgeschlossen, Frauen mit 38,8 Jahren etwas später. Das überraschend hohe Eintrittsalter bei der Lebensversicherung erklärt sich dadurch, dass das sogenannte Einmalbeitragsgeschäft an Bedeutung gewinnt. Dabei legen Verbraucher – häufig in fortgeschrittenem Alter – durch einmalige Zahlung Summen in einer Lebensversicherung an. 2012 kam mit 22,7 Mrd. Euro rund ein Viertel der gesamten Beitragseinnahmen der Lebensversicherer aus dem Einmalbeitragsgeschäft.