Die Wände ihrer kleinen Wohnung sind voll mit eigenen Arbeiten: Sandra Fritz aus Fellbach. Foto: Sabine Schwieder

Seit Neuestem nimmt Sandra Fritz an Mitgliederausstellungen des Kunstvereins Gästezimmer in Stuttgart-Möhringen wie auch von Kultur am Kelterberg in Stuttgart-Vaihingen teil.

Filder/Fellbach - Auf dem kleinen Tisch im Wohnzimmer steht ein Panzer. An den Wänden hängen Jagdtrophäen. Doch so grimmig wie es klingt, ist es nicht: Die Objekte der Künstlerin Sandra Fritz sind aus Wolle. In mühevoller Geduldsarbeit mit der Nadel gefilzt. Einige von ihnen waren jüngst am Kelterberg zu sehen, denn Sandra Fritz ist Mitglied in zwei örtlichen Kunstvereinen: im Kunstverein Gästezimmer in Stuttgart-Möhringen und bei Kultur am Kelterberg in Stuttgart-Vaihingen. Zu dessen jüngster Ausstellung der neuen Mitglieder steuerte sie unter anderem ein liebenswertes Schaf bei. Für ihren Beitrag zur jurierten Kelterberg-Ausstellung zum Thema Wärme Anfang des Jahres hat sie eine Tasche mit Fön und Stecker aus Wolle gefilzt und wurde von der Jury mit einem dritten Platz bedacht.

„Ich wollte mal meinen Radius erweitern“, erläutert Fritz, warum sie ihre Fühler in Richtung Filder ausgestreckt hat. Die 1968 in Degerloch geborene Fellbacherin lebt seit ihren Kindertagen im dortigen Ortsteil Oeffingen. Bereits mit 15 Jahren aus dem Elternhaus ausgezogen, ist sie mittlerweile selbst Mutter eines Teenagers und teilt sich ihre Zeit zwischen dem Brotberuf und der Kunst auf. Es sind zwei sehr unterschiedliche Lebenswelten, in denen sie sich bewegt, und schon während der Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten wurde ihr attestiert, sie habe eine „sehr kreative Schrift“.

„Teure Materialschlachten“

Also studierte sie von 1990 bis 1996 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart freie Malerei, während sie zugleich in der Praxis eines HNO-Arztes arbeitete. Ausschließlich von ihrer Kunst leben, könne sie leider nicht, sagt Sandra Fritz: ihre Arbeiten erfordern „teure Materialschlachten“, wie sie selbst sagt. Seit einigen Jahren arbeitet sie in einer Psychiatrie-Klinik. Das dort erworbene Fingerspitzengefühl kommt auch ihrer Kunst zugute, findet die ansonsten eher handfest wirkende Künstlerin. Bereits ein Jahr nach dem Studium wurde Sandra Fritz mit einem Kunstpreis der Kreissparkasse Karlsruhe ausgezeichnet. Es ging damals, als die Computer noch in den Kinderschuhen steckten, um das Thema Digitalisierung.

Lange Zeit beschäftigte sie sich in ihrer Malerei mit strengen Schachbrettmustern und es entstand eine Serie zum Thema Achtsamkeit. „Ich mache gerne Serien, die dann irgendwann abgeschlossen sind. Ich kann mich nicht bis ins Unendliche wiederholen“, sagt Fritz. Bevorzugtes Mittel der Wahl ist die Ölfarbe. „Aquarelle sind mir zu transparent. Das Durchscheinende liegt mir nicht“, kommentiert sie. Daneben zeichnet sie viel und macht Collagen, für die sie Bilder aus Zeitungen ausschneidet. Gelegentlich bearbeitet sie ihre Werke auch mit der Schleifmaschine.

Kunstpreis der Kreissparkasse Karlsruhe

In den vergangenen Jahren sind etliche Bilder von Kindern entstanden, für die sie alte Zeitschriften aus dem Jahr 1969 als Ausgangsbasis nahm. Eines heißt „vom posieren“, das ein Mädchen in einem steifen, viel zu großen Kleid zeigt. Ein andermal ist ein lachendes Kleinkind in Windeln zu sehen, über dessen Kopf ein Dreieck wie ein großer Blumenstrauß in Farben explodiert. Eine der fröhlicheren Arbeiten von Sandra Fritz ist „von-der-freude“, die mit ihren gefilzten Panzern ja auch Aggressivität zum Thema hat.

Das Trockenfilzen mit Nadeln, deren Widerhaken für Festigkeit sorgen, hat sie vor zwei, drei Jahren entdeckt. Es erfordert viel Geduld, denn um die Wolle zu verfilzen, muss wieder und wieder hineingestochen werden. So wird aus weicher Wolle ein festes Objekt. „Eine gute Maßnahme, um Ärger loszuwerden. Aber man muss auch aufpassen, dass man sich nicht wehtut“, beschreibt Fritz diese Arbeit. Für ihre Schafscollage fixierte die Künstlerin Wolle auf einer mit Öl bemalten Leinwand. Anders, als das Thema vermuten lässt, ist bei Fritz aber die Umgebung aus schützender Wolle und nicht das Schaf selbst. „Es ist ein Symbol für Unschuld, für Verletzlichkeit“, sagt Sandra Fritz.

Eine Methode, Ärger loszuwerden

Ihre Raubtiere oder Panzer aus Filz stellen dazu die Gegenseite dar: Aggression, eingefangen durch ein eigentlich weiches Material. Darüber hinaus malt sie immer wieder leuchtende Baumlandschaften, friedvolle und harmonische Abbildungen von Baumstämmen. „Es sind Sehnsuchtsbilder. Dort gibt es keine Menschen, dort habe ich Ruhe“, sagt deren Urheberin.