Der Musikkabarettist Lars Reichow tritt am Sonntag, 15. April, im Stuttgarter Theaterhaus auf. Foto: SWR

Im Interview mit unserer Zeitung verrät der Entertainer Lars Reichow, warum er als Moderator der Sendung „Kunscht“ im SWR-Fernsehen aufgehört hat. Vor seinem Auftritt beim Stuttgarter Kabarettfestival kritisiert er Heimatminister Seehofer und lobt Ministerpräsident Kretschmann.

Stuttgart - Zu den Höhepunkten des Stuttgarter Kabarettfestivals zählt Lars Reichow, der nicht nur im Mainzer Karneval ein Star ist. Im Interview spricht der Entertainer, der am 15. April , 19.30 Uhr, im Theaterhaus auftritt, über seine Lust-Momente und seinen Rücktritt bei „Kunscht“ im SWR.

 
Herr Reichow, Ihr neues Programm heißt „Lust“. Auf was haben Sie am meisten Lust?
Zu Beginn geht es natürlich um Sex, aber am Ende will ich dann doch die Welt verbessern: Wenn wir Wahrheit und Lüge nicht mehr unterscheiden können, bricht unsere Gesellschaft auseinander. Ich habe am meisten Lust auf eine friedliche, demokratische und europafreundliche Gesellschaft.
Warum haben Sie beim SWR mit „Kunscht“ aufgehört? Hatten Sie keine „Luschd“ mehr? Oder wollte der SWR Sie nicht mehr?
Ich habe das gern gemacht, es waren wunderbare Erlebnisse und aufregende Drehtage. Aber ich bin ein fortschrittlicher Mensch. Ich wollte das Format weiterentwickeln. Am Ende waren die Beharrungskräfte stärker, also habe ich meinen Rücktritt eingereicht.
Bei welchen Dingen ist Ihnen die Lust in Ihren vergangenen 25 Bühnenjahren vergangen?
Es gab gute und angespannte Zeiten in der Politik. Aber seitdem ich auf der Welt bin, gab es keinen so widerwärtigen, aggressiven und minderbemittelten US-Präsidenten. Ich habe also die Lust auf Amerika verloren.

„Seehofer hat seinen Zenit überschritten“

Gerade feiert Viagra den 20. Geburtstag. Lust gibt’s für Selbstzahler auf Rezept. Sollten Ärzte auch Ihr Lust-Programm verordnen?
Ich arbeite daran, dass meine Auftritte von der Krankenkasse als Mutter-Vater-Kind-Kur anerkannt werden. Damit ließe sich, behaupte ich, die Zahl der Krankmeldungen am nächsten Tag um die Hälfte reduzieren.
Lust ist eine private Angelegenheit. Wie weit lassen Sie auf der Bühne die Hosen runter?
Gleich in den ersten anderthalb Minuten lasse ich sie herunter. Aber nur akustisch. Ich bin auf der Bühne ein großer Freund erotischer Fantasien. Es gibt nur sehr wenige, die mich nackt kennen und schätzen.
In Berlin legt die neue Regierung nach sehr langem Anlauf los. Haben Sie noch Lust auf Merkel und Groko? Bei welchen Ministerinnen oder Ministern überwiegt bei Ihnen der Frust?
Ich wollte eine Jamaika-Koalition, aber die Neuauflage der Groko ist kein Weltuntergang. Am meisten ärgert mich der fast gewaltsame Anspruch von Seehofer, noch ein Ministeramt zu übernehmen. Er ist ein Mann, der seinen Zenit überschritten hat. Ansonsten kann ich gut damit leben, dass die erfahrene und bedächtige Angela Merkel in ihre letzten vier Jahre geht, ich freue mich auf die Arbeit von Frau Giffey und bin gespannt, wie sich Herr Spahn im Praxistest bewähren wird. Das Personal ist nicht schlecht, aber am Ende zählen Ergebnisse.

„Kretschmann ist ein hervorragender Ministerpräsident“

Baden-Württemberg hat den einzigen grünen Ministerpräsidenten in Deutschland. Merken Sie bei Ihren Auftritten im Land, dass bei uns was anders ist?
Das Kabarettpublikum in Baden-Württemberg war schon immer neugierig, hellwach und politisch interessiert. Winfried Kretschmann ist ein hervorragender Ministerpräsident. Aber er hat das Land weniger verändert, als dass er die ideale Integrationsfigur einer umwelt- und wertebewussten Gesellschaft ist.
Kabarettisten lieben es, in unserer Stadt Witze über Stuttgart 21 und Feinstaub zu machen. Nur wir Stuttgarter können darüber nicht mehr lachen. Haben Sie dazu einen neuen Gag im Angebot, den wir noch nicht gehört haben?
Hm. Stuttgart 21 wird früher fertig als der BER . . . meinen Sie so was? Nein, ich bringe ganz frischen Trost mit. Ich habe einen Diesel-Feinstaub-Song gemacht, der größtenteils im Tunnel spielt!
Zur Person:

Geboren ist der Kabarettist, Pianist und Entertainer Lars Reichow im Juni 1964 in Mainz.

Studiert hat er Germanistik und Musik.

1982 ging er auf seine erste Tournee.

Seit 2013 tritt er in „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ auf.

Am Sonntag, 19.30 Uhr, gastiert Reichow im Stuttgarter Theaterhaus. Karten unter Telefon 07 11 / 4 02 07 20.