Cem Özdemir hat mit einem X-Beitrag Diskussionen ausgelöst. Foto: dpa/Fabian Sommer

In sozialen Netzwerken übt sich Cem Özdemir als Sicherheitspolitiker und fordert mit Blick auf die Kriminalstatistik mehr Videoüberwachung. Grüne Parteikollegen sind irritiert.

„Wer nach Deutschland kommt, um Schutz zu suchen und hier straffällig wird, kann keine Nachsicht erwarten.“ Wer hat’s gesagt? Was eher den Sound konservativer Sicherheitspolitik hat, kommt in Wahrheit aus der Feder des grünen Bundeslandwirtschaftministers Cem Özdemir. Dieser ließ sich am Dienstag auf der Plattform X, ehemals Twitter, zu Erkenntnissen aus der aktuellen Kriminalstatistik ein und hat damit bei einigen Parteikollegen Stirnrunzeln verursacht.

Etwas später in seinem Beitrag relativierte Özdemir seine kernige Ansage zwar ein wenig („Es wäre zu einfach, alles auf die gestiegene Migration zu schieben“), eckt aber auch mit dem Vorschlag an, mehr Videoüberwachung an „neuralgischen Punkten wie Bahnhöfen“ zu installieren.

Der grüne Europapolitiker Erik Marquardt schrieb dazu: „Das Problem muss man angehen, aber die einfachen Lösungen oder Losungen haben das Problem eigentlich noch nie gelöst, sondern eher verschärft.“ Offenbar hält er Özdemirs Gedankengänge für zu kurzsichtig. Johannes Mihram, stellvertretender Vorsitzender der Grünen in Berlin-Mitte, spricht gar von „populistischen Forderungen“. Ein anderer User meinte: „Das ist eine lupenreine AfD-Forderung.“

Beifall kommt indes vor allem aus konservativen politischen Lagern. Armin Petschner-Multari vom unionsnahen Portal „The Republic“, das einem vermeintlichen „Linksdrift“ in Deutschland entgegentreten will, kommentierte Özdemirs Beitrag mit den Worten: „Wenn die Grünen mehrheitlich so vernünftig und unaufgeregt wären wie Cem Özdemir, wäre viel gewonnen.“

Spekulationen um Kretschmann-Nachfolge

Ob Özdemir Hintergedanken bei dem Social-Media-Beitrag hatte, darüber lässt sich nur mutmaßen. Fakt ist, dass der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete aktuell wieder stärker als möglicher Nachfolger von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (ebenfalls Grüne) gehandelt wird. Auch wenn sich der Landesvater nicht in die Karten schauen lässt, ob er Özdemir als seinen Nachfolger in Stellung bringen und dieser ihn auch tatsächlich beerben will („Frage kommt zur Unzeit“), ließ sich Özdemir selbst zuletzt auch auf direktes Nachfragen dazu nicht zu einem Dementi drängen.

Die polizeiliche Kriminalstatistik hat in Baden-Württemberg Debatten ausgelöst. Denn die aktuellen Zahlen sprechen vor allem im Bereich der Gewaltkriminalität von einem rasanten Anstieg, nachdem diese in den vergangenen Jahren eher im Rückgang war. Demnach ist auch die Zahl der Sexualdelikte im Land angestiegen. 48 Prozent der Tatverdächtigen hätten keinen deutschen Pass. Offiziell wird die Kriminalstatistik für Baden-Württemberg am Donnerstag von Innenminister Thomas Strobl (CDU) vorgestellt.