Razzia im Bordell Paradise im Jahr 2014 in Leinfelden-Echterdingen – jetzt folgt der Prozess. Foto: 7aktuell/Eyb

Am Freitag beginnt der Mammutprozess gegen den bekannten Bordellbetreiber Jürgen Rudloff und drei weitere Männer vor dem Landgericht Stuttgart. Rudloff will seine Unschuld beweisen.

Stuttgart - Er gab den „sauberen Bordellbetreiber“, tingelte allein oder mit seinem Marketingchef durch Talkshows in Deutschland und der Schweiz, stritt sich bei Sandra Maischberger mit Alice Schwarzer und propagierte die ehrliche und saubere Prostitution – Jürgen Rudloff aus Stuttgart, Betreiber des Bordells Paradise in Leinfelden-Echterdingen und weiterer Rotlichtbetriebe in Frankfurt, Saarbrücken und Graz. Jetzt stehen er und drei seiner mutmaßlichen Komplizen vor dem Landgericht Stuttgart. Die Vorwürfe: Beihilfe zum schweren Menschenhandel und zur Zuhälterei sowie Betrug in Millionenhöhe.

Vor allem den Menschenhandel will der 64-jährige Stuttgarter Rudloff nicht auf sich sitzen lassen. Sein Verteidiger Frank Theumer sagt: „Mein Mandant wehrt sich gegen den Vorwurf des Menschenhandels und der Zuhälterei.“ Seine Unschuld werde im Laufe des Verfahrens bewiesen werden.

Menschenhandel wegen des Profits gebilligt?

Familienvater Rudloff hatte die „Wellness-Oase für Männer“, das Paradise, 2008 in Leinfelden-Echterdingen im Kreis Esslingen eröffnet. Rund sechs Millionen Euro soll er in das 5800 Quadratmeter große Bordell investiert haben. Sein Geschäftsmodell, darauf bestand er: Er biete lediglich die Plattform, die Frauen arbeiteten selbstständig. Man bezahle 70 bis 80 Euro Eintritt und bekomme eine Rundumversorgung – außer Sex. Wolle man sich mit einer Dame auf ein Zimmer zurückziehen, müsse man dies mit ihr selbst verhandeln. Mit den Prostituierten habe er eigentlich nichts zu tun. Das sieht die Staatsanwaltschaft anders. Rudloff und zwei seiner Mitangeklagten sollen mit Mitgliedern der Hells Angels und der United Tribuns in Kontakt gestanden haben, die in Rudloffs Häusern für die notwendige Anzahl an Prostituierten gesorgt haben sollen. Die Frauen seien von den Rockern kontrolliert und ausgebeutet worden. Rudloff, sein Marketingchef und sein Geschäftsführer hätten dies gebilligt, des Profits wegen.

Willi Weber soll Hunderttausende verloren haben

Um angeblich weitere Bordelle zu eröffnen, soll Rudloff Investoren und Darlehensgeber über den Tisch gezogen haben. Rund drei Millionen Euro soll er betrügerisch eingeworben haben. Dabei soll ihm ein 70-jähriger Rechtsassessor aus Frankfurt geholfen haben. Das Geld sei mitnichten in neue Projekte geflossen. Der 64-Jährige habe es für seinen Lebenswandel und ältere Verbindlichkeiten ausgegeben, so die Staatsanwaltschaft. Ein Schneeballsystem. Auch der Stuttgarter Geschäftsmann und ehemalige Manager von Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher, Willi Weber, soll unter den Geschädigten sein. Weber, seine Frau und seine Tochter sollen mehrere Hunderttausend Euro verloren haben.

Prozess könnte ein Jahr lang dauern

Ende 2014 hatten die Fahnder unter Federführung des Landeskriminalamts Baden-Württemberg vier Bordelle, etliche Geschäftsräume und Wohnungen in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, im Saarland, in Sachsen sowie in Österreich, Bosnien und Rumänien durchsucht. Elf Personen wurden festgenommen, neun von ihnen aus dem Dunstkreis der United Tribuns sind bereits zu mehrjährigen Freiheitsstrafenverurteilt worden. Rudloff soll sich abgesetzt haben, offenbar in die Schweiz. Das bestreitet er. Schließlich sei er freiwillig wieder nach Stuttgart gekommen. Dort wurde er am 27. September 2017 festgenommen.

Der Prozess ist derzeit bis Ende März 2019 terminiert.