Ein mutmaßlicher Millionen-Erpresser beteuert vor dem Landgericht Stuttgart seine Unschuld Foto: dpa

Ein 41-jähriger Mann soll versucht haben, zum dritten Mal eine Bank in Stuttgart um 29 Millionen Euro zu erpressen. Zweimal ist er bereits verurteilt worden. Jetzt läuft sein dritter Prozess.

Stuttgart - „Nein, es stimmt nicht, dass ich die Bank erneut erpressen wollte“, sagt der 41-jährige Angeklagte vor der 16. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart. Er habe der Bank eines Großunternehmens lediglich die Film- und Buchrechte an seiner Geschichte angeboten – für 29 Millionen Euro, so Sven G. Schließlich sei seine Story „einzigartig“.

Ganz unrecht hat er damit wohl nicht. Der Mann, gebürtig in Sachsen, hatte bereits zweimal versucht, just diese Bank zu erpressen: Einmal um 20 Millionen Euro, das zweite Mal um 201 Millionen Euro. „Die 201 Millionen waren nicht ernst gemeint“, sagt der 41-Jährige jetzt. Für diese beiden Versuche ist er vom Landgericht Stuttgart zu insgesamt sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden, von denen er vier Jahre und acht Monate verbüßt hat.

Millionen von Daten gestohlen

Die ganze Sache ist kurios. Der Angeklagte, der in einem Dorf in Mittelsachsen und später in Dresden aufgewachsen ist, hatte im Juli 2007 als externer Systemprogrammierer, quasi als Subunternehmer eines Subunternehmens, bei besagter Bank angefangen. Sein Vertrag lief bis 30. Juni 2009. Einen Tag vor seinem Ausscheiden zog er vier Millionen Kundendaten auf einen USB-Stick – Namen, Adressen, Kontostände, Einlagen, Kreditkartennummern. Darunter waren auch Zehntausende Datensätze US-amerikanischer Kunden. Mit dieser Beute versuchte er, 201 Millionen Euro von dem Stuttgarter Kreditinstitut zu erpressen. Im August 2009 nahm ihn die Polizei fest.

Sven G. scheint von seiner Idee, mit den Daten ans große Geld zu kommen, weiter überzeugt gewesen zu sein. Aus der Haft heraus nahm er Kontakt mit einem Anwalt auf und überzeugte ihn von seinem Plan. Man habe immer noch sensible Daten, die Geheimhaltung dieser müsse sich die Bank eine zweistellige Millionensumme kosten lassen, ließ der Anwalt das Kreditinstitut wissen. Immerhin handele es sich um Sicherheitslücken, verschiedene Medien hätten schon Interesse angemeldet. Im März 2011 wurde der Anwalt festgenommen. Im folgenden Prozess wurde er zu zwei Jahren mit Bewährung und Sven G., damals immer noch in Haft, zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.

In der Haft bipolare Störung diagnostiziert

Im Mai 2014 kam der 41-Jährige auf freien Fuß – und trat erneut mit der Bank in Kontakt. Er wolle seine Lebensgeschichte zu Papier bringen, internationale Medienhäuser seien interessiert, das Ganze könne zu einem Skandal und zu einem Imageverlust der Bank führen – auch und vor allem in den USA. Dort sei die Börsenaufsicht schon informiert. Davon verspricht sich der IT-Experte, der sich schon früher mit gefälschten Zeugnissen bei einer anderen Bank einen Job erschlichen hatte, eine satte Belohnung. Er soll auch angedeutet haben, noch im Besitz von Datensätzen zu sein – was der 41-Jährige allerdings bestreitet.

Im Prozess wiegelt Sven G. ab. Er habe keine neue Erpressung vorgehabt. Er sei bei der Bank auch gar nicht der Einzige gewesen. „Andere Kollegen haben auch Daten abgezogen und an Adressenfirmen verkauft“, sagt der Vater eines Sohnes, bei dem in der Haft eine bipolare Störung diagnostiziert wurde. Der Prozess wird am 5. Oktober fortgesetzt.