Frieder Bayer beim Stapeln eines Steinmännchens Foto: Stoppel

Skulpturen aus gestapelten Steinen und Zweigen, Blüten und Blätter, die zu Figuren gelegt werden: Land Art ist nichts für die Ewigkeit. Eine Ausstellung im Waiblinger Kulturhaus Schwanen zeigt Objekte und Fotografien von Dorle Holder und Frieder Bayer.

Waiblingen - Mit Matsch kann man gut kleben, und Dornen eignen sich prima als Ersatz für Nägel. Denn echte Metallstifte oder Klebstoff sind tabu, wenn man sich so wie Dorle Holder und Frieder Bayer der Kunstströmung Land Art verschrieben hat (siehe „Kunst mit und in der Natur“). Das Paar aus Waiblingen lässt sich von und in der Natur inspirieren – was dabei entsteht, ist von Freitag, 8. April, an in der Ausstellung „Land Art. Objekte und Fotografien“ im Waiblinger Kulturhaus Schwanen zu sehen.

Da werden Steine zu Figuren gestapelt, Zweige und Äste zu Skulpturen aufgetürmt, und kunstvolle Figuren und geometrische Muster aus Blattgirlanden, Blüten oder Gräsern in der Landschaft ausgebreitet. Ein Hingucker ist auch der aus weißen Steinen gelegte Fisch in einem Bachbett, der scheinbar angebissen hat. Die Angel freilich ist nur der Schatten, den ein geschickt platzierter Stock wirft.

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt

„Land Art lebt sehr vom Augenblick. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, sagt Frieder Bayer, der in sein Hobby gewissermaßen „reingestolpert“ ist: Im Zuge einer Ausbildung zum Waldpädagogen war er vor gut acht Jahren des Öfteren im Stuttgarter Haus des Waldes zu Gast und belegte auch einen Kurs zum Thema Land Art. Letztere sei „ein weiter Begriff“, sagt Bayer. Für ihn gehört das Stapeln von Steinen zu Männlein ebenso dazu, wie das Foto einer grünen Wiese, an der eine Kuhherde vorbeimarschiert. Allen Natur-Kunst-Objekten gemeinsam aber ist, dass der Künstler oder die Künstlerin sie an ihrem Entstehungsort zurück- und ihrem Schicksal überlässt. Tut das nicht weh? Nein, sagt Bayer: „Man weiß ja, dass man es nicht mitnehmen kann.“ Und immerhin sei es dank der digitalen Fotografie inzwischen ja möglich, schnell ein Erinnerungsbild zu machen, das man mit nach Hause nimmt.

Rund 150 Fotos haben Dorle Holder und Frieder Bayer in die engere Auswahl für ihre Ausstellung genommen, noch aber steht nicht felsenfest, was im Kulturhaus alles zu sehen sein wird. Apropos Felsen: Steine stapelt Frieder Bayer besonders gerne. „Das ist eine Art von Meditation“, sagt der 59-Jährige: „Jeder Stein hat einen Punkt, an dem er steht, vielleicht auch nur eine Minute. Den Punkt muss man finden. Der Reiz beim Stapeln ist, an die Grenzen der Schwerkraft zu gehen.“ Generell gilt die Devise: „Wir verändern die Lage von Steinen, aber wir bearbeiten sie nicht.“ Doch selbst das kann bei manchen unter Umständen Argwohn erregen: Während einer Busreise durch Anatolien hat Bayer bei jedem Halt ein Steinmännle aufgeschichtet – und damit das türkische Militär auf sich aufmerksam gemacht: „Die kamen irgendwann und haben gefragt, was da los ist.“

Die Grenzen der Schwerkraft

Auch Holz ist ein Stoff, der den Waiblinger inspiriert, zum Beispiel zum Bau von turmartigen Stapeln. „Da kommt man an die Grenzen der Statik und der Schwerkraft“, schwärmt Frieder Bayer, der in die Bauwerke gelegentlich einen Hebel einbaut. Nach der Vollendung des Werks sorgt ein gezielter Tritt auf den Hebel dafür, dass alles effektvoll durch die Luft fliegt. Natur-Kunst ist nun mal vergänglich.

Auf dem Gelände der Waiblinger Jugendfarm bietet Bayer Kurse zum Thema Land Art an. Auch für die Interkommunale Gartenschau 2019 hätte er eine Idee: „Man könnte die Bürger dazu aufrufen, dass sie Steine mit einer Mittellinie suchen. Die könnte man aneinander legen und so von der Quelle der Rems bis zur Mündung eine Linie ziehen.“ Für die rund 80 Kilometer bräuchte es wohl um die 800 000 Steine, schätzt Bayer. Keine Kleinigkeit. Allerdings, sagt Bayer: „Bei rund 400 000 Einwohnern im Rems-Murr-Kreis müsste nur jeder zwei Steine bringen, dann reicht das.“

Kunst mit und in der Natur

Ursprünge
Die Kunstrichtung Land Art ist Ende der 1960er-Jahre in den Vereinigten Staaten entstanden. Bei der Natur-Kunst wird ein kleiner oder größerer Teil der Landschaft in ein Kunstwerk verwandelt, zum Beispiel durch gestapelte Steine oder Sandkreise. Teils kommen aber auch Bagger und anderes schweres Baugerät zum Einsatz.

Gemeinsamkeiten
Allen Arbeiten der Land Art gemeinsam ist, dass sie weder transportabel, noch käuflich und dauerhaft sind. Zu Beginn gestatteten die Land-Art-Künstler noch nicht einmal, dass die Arbeiten auf Fotos oder Filmen dokumentiert wurden. Das ist heute anders.

Vernissage
Die Ausstellung „Land Art. Objekte und Fotografien“ von Dorle Holder und Frieder Bayer eröffnet am 8. April, 19 Uhr, im Waiblinger Kulturhaus Schwanen in der Winnender Straße 4. Danach ist sie bis zum 13. Mai montags bis freitags von 9 bis 16 und von 18 bis 22 Uhr geöffnet, samstags von 18 bis 22 Uhr.