Fulminante Show: Susanne Heydenreich hat ihre Inszenierung von „La Cage aux folles – Ein Käfig voller Narren“ ans Theater der Altstadt geholt.
Die Situation ist etwas kompliziert: Jean-Michel möchte Anne heiraten. Ihre Eltern möchten deshalb seine Eltern besuchen. Seine Eltern sind ein schwules Paar, das einen Nachtclub betreibt – die leibliche Mutter hat sich verabschiedet. Ihr Vater ist Politiker, Vertreter einer gewiss sehr üblen Partei, der AFF, Alternative für Frankreich, ein homophober Radikaler schlimmster Sorte. Was tun? Am besten tut man so, als wäre nichts, als stamme Jean-Michel aus einer ganz normalen Familie. Das will geschickt vorgetäuscht sein. Erst einmal aber muss Jean-Michels überaus großherzige und leicht gekränkte Mutter Zaza alias Albin von diesem Plan überzeugt und in einen Onkel verwandelt werden: Ein wunderbar komisches Unterfangen.
„La cage aux folles“ feiert im Jahr 2023 dreifaches Jubiläum: 45 Jahre sind vergangen, seitdem Édouard Molinaros Film ins Kino kam, 50, seitdem Jean Poirets Bühnenstück Premiere feierte, 40, seitdem Jerry Herman und Harvey Fierstein ein Musical daraus machten. Susanne Heydenreich, Intendantin am Theater der Altstadt, inszenierte es bereits 2018 mit Sascha Diener in der Rolle von Albin/Zaza für das Reutlinger Naturtheater – und sie ist überglücklich, am Abend der Stuttgarter Premiere, diese Inszenierung nun auch in ihre Stadt gebracht zu haben: „Ein Traum wird für mich wahr“, sagt sie – und hofft, „La Cage aux Folles“ auch einmal in Berlin spielen zu dürfen.
Aus schwulen Wandbildern werden fromme Kirchenmalereien
Wie vom Zufall hereingeweht tritt bei der Premiere in Stuttgart auch Frl. Wommy Wonder in Erscheinung. „Ich war grad auf Tour, hier in der Gegend“, behauptet sie. Das Blatt hat sich da schon gewendet, der rechtsradikale Franzose ist gefangen im Narrenkäfig, fürchtet um seine Reputation, und der Intendantin, die mitspielt als ein Mädchen für alles, bleibt Zeit für einen Plausch. „Männer in Frauenkleidung!“, empört sich Travestiestar Wommy Wonder. „Das kann der liebe Gott nicht gewollt haben. Also für mich wär das nichts!“
„La cage aux folles“ ist am Theater der Altstadt eine fulminante Show, bei der nicht nur Männer in Frauenkleidern zu sehen sind, sondern auch Frauen – das Ensemble, das hier tanzt, besteht aus Ismael Boerner, Georg Chatzitheodosiou, Dorothea Förster, Charis Hager, Belina Mohamed-Ali, Robin Kümmel und Thomas Klooz – sie sind Hanna aus Hamburg, Mercedes, Chantal, Angelique, Phädra, Clo-Clo und Jacob; Dorothea Förster und Charis Hager sind in Doppelrollen zu sehen, spielen auch Jean-Michels Braut Anne und deren Mutter. Ruben Dietze spielt Jean-Michel, Dirk Emmett den konservativen Unsympathen Edouard Dindon und Uwe-Peter Spinner Georges, Nachtclubbesitzer und Gatte der kapriziösen Zaza. Thomas Mogendorf schuf die Bühne – sie dreht sich und aus schwulen Wandbildern werden fromme Kirchenmalereien. Sibylle Schulze gestaltete extravagante Kostüme, Mikael Bagratuni neue Arrangements der Musicalmelodien – und Sascha Diener, der Star des Abends, singt stolz und glitzernd „I am what I am“.
La Cage aux folles: 16. bis 19., 23. bis 26.11. und dann ab 30.11. wieder