Die L 353 im Kreis Calw müsste dringen saniert werden Foto: Thomas Fritsch

Nicht für neue Straßen, sondern für den Erhalt bestehender Straßen möchte die Landesregierung Geld ausgeben. Doch viele Gemeinden warten bisher vergeblich darauf. Ein Beispiel aus dem Nordschwarzwald.

Nicht für neue Straßen, sondern für den Erhalt bestehender Straßen möchte die Landesregierung Geld ausgeben. Doch viele Gemeinden warten bisher vergeblich darauf. Ein Beispiel aus dem Nordschwarzwald.

Nagold/Haiterbach - Hier ein geflicktes Schlagloch, dort ein tiefer Riss in der Straße – die Landesstraße 353 zwischen Nagold-Iselshausen und Haiterbach-Unterschwandorf ist gespickt davon. Um der Holperpiste im Kreis Calw ein Ende zu bereiten, empfangen an diesem Freitag der Calwer CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Blenke zusammen mit Vertretern der Städte Nagold und Haiterbach sowie Landrat Helmut Riegger (CDU) Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). „Das ist nicht der erste Verkehrsminister, den ich nach Nagold hole“, sagt Blenke. „Ich will, dass jetzt endlich die Bagger kommen.“

Seit 2008 stehen die Chancen für eine Straßensanierung eigentlich gut. Damals wurde das Planfeststellungsverfahren begonnen. Im Frühjahr 2011 wurde es abgeschlossen. Seither heißt es im Verkehrsministerium: Die Straße kann saniert werden. Doch mit einer bloßen Belagserneuerung ist es nicht mehr getan.

„Zu lange hat die Landesregierung die Straße verkommen lassen“, klagt Haiterbachs Bürgermeister Andreas Hölzlberger (CDU). Zur erforderlichen Grundsanierung hinzu kommen die heutigen Standards in Sachen Sicherheit und Artenschutz. Unter der Straße sollen Tunnel für Kröten und andere Amphibien gebaut werden. Am Straßenrand muss außerdem das Gelände mit einer Mauer befestigt werden. Zu guter Letzt muss die Straße auch noch breiter gebaut werden. Dies macht die Sanierung des vier Kilometer langen Abschnitts zu einem Großprojekt von 6,3 Millionen Euro.

Unter vielen schlechten Straßen die schlechteste

Die L 353 ist weiß Gott nicht die einzige Straße in desolatem Zustand, auf deren Sanierung die Anwohner seit vielen Jahren warten. Gerade in Gegenden wie dem Nordschwarzwald, wo die Witterung dem Asphalt besonders zusetzt, wechseln sich Schlaglochpisten mit Flickenteppichen ab. „Wir haben viele schlechte Straßen im Landkreis“, sagt ein Sprecher des Calwer Landratsamts. „Doch die L 353 ist von der Dringlichkeit her der Spitzenreiter unter den schlechten Straßen, was das Verkehrsaufkommen betrifft.“

Viele Kommunen warteten auf den Aus- oder Neubau ihrer Landesstraßen, bittet eine Sprecherin des Verkehrsministeriums um Geduld. Allerdings sei es so, dass in jedem Jahr nur eine bestimmte Summe zur Verfügung stehe. Für den Maßnahmenplan, den das Ministerium 2012 erstellt hat, wurden 734 Landesstraßen angemeldet. „Wir haben versucht, mit einem transparenten Verfahren eine Reihenfolge zu erstellen“, erklärt die Sprecherin Hermanns. Dabei spielt vor allem der Faktor eine Rolle, wie stark eine Straße befahren ist. Auch ökologische und Sicherheitsaspekte sind dem Grünen-Verkehrsminister wichtig.

Dass die Verbindung von Haiterbach nach Iselshausen mittlerweile in den Maßnahmenplan für den Zeitraum 2015 bis 2020 aufgenommen wurde, ist die Straße schon einen Schritt weiter, so die Sprecherin. „Andere Kommunen warten da noch drauf.“

Warum das alles so lange dauert, verstehen die Betroffenen aus dem Nordschwarzwald trotzdem nicht. Schließlich hören sie schon seit vielen Jahren Versprechungen. Doch nichts passiert – ihre Straße verharrt auf der Standspur.

Geld für einen neuen Radweg ist da

Haiterbach zählt zwar nur knapp 6000 Einwohner, verfügt aber über ein verhältnismäßig großes Industriegebiet mit Schwerlastverkehr. Dort angesiedelt ist neben Holzverarbeitung auch eine Logistikfirma, die für die Auslieferung der „Harry-Potter“-Bücher im süddeutschen Raum zuständig ist, oder eine Speditionsfirma, die europaweit unterwegs ist. Für die Unternehmen stellt die Straße die Verbindung nach Nagold und zur Autobahn her. Eine Alternative, der Bau einer Hochbrücke nach Horb a. N., sei Zukunftsmusik, ist Bürgermeister Andreas Hölzlberger Realist. Deswegen setzt man kurz- und mittelfristig auf die Sanierung der L 353. „Schön wäre es, wenn der Verkehrsminister heute wenigstens eine Einschätzung im Gepäck hätte, wann die Landesstraße nun endlich an der Reihe sein könnte“, sagt der Bürgermeister.

Am Donnerstag hielt sich das Verkehrsministerium dazu noch bedeckt. „Derzeit läuft die Ausführungsplanung“, erklärte die Ministeriumssprecherin. Zurzeit sei man damit beschäftigt „ein Bauprogramm für die Jahre 2015 bis 2020 zu erstellen, angepasst an die Mittel, die dem Ministerium zur Verfügung stehen“. Erst danach könne über einen „Realisierungszeitpunkt“ entschieden werden. Bis dahin sei es Aufgabe des Landkreises, einen verkehrssicheren Zustand zu gewährleisten. Man darf gespannt sein, wie die Haiterbacher diese Antwort auffassen werden.

Bürgermeister Hölzlberger versteht zwar die Zwänge des Ministeriums – dass sich in der Praxis immer alles in die Länge ziehen muss, ärgert ihn trotzdem. Verwundert zeigt er sich, dass neben der kaputten Landstraße seit kurzem ein neuer Radweg verläuft. Den konnte Haiterbach zusammen mit Nagold und einem großen Zuschuss vom Land bauen. Zum Jahresende gab es überraschend nochmals Geld aus Stuttgart für die Fortführung des Radwegs. „Das geht natürlich ein Stück weit in die falsche Richtung“, meint Hölzlberger. „Ich verstehe nicht, dass die Steuereinnahmen sprudeln wie nie zuvor, es dennoch kein Haushalt ohne größere Neuverschuldung gibt, und dennoch kaum Geld für den Straßenbau übrig bleibt.“