Peter Haußmann in seinem Atelier, das er sich mit seiner Lebensgefährtin Heidi Liebau teilt. Foto: Sabine Schwieder

Die Pastellzeichnung „Figura III“ des Vaihinger Künstlers Peter Haußmann wurde bei der 28. Stuttgarter Kunst-Ausstellung 2016 in Bad Cannstatt mit einem ersten Preis ausgezeichnet.

Vaihingen - Peter Haußmann gehört zu den wenigen Künstlern, die sich freuen, wenn die Betrachter ihre Arbeiten freimütig kommentieren. Er will wissen, was seine Bilder für Gefühle auslösen. Die Jury der 28. Kunstausstellung 2016 war sich allerdings einig: Ende Oktober wurde dem Vaihinger Künstler, der Mitglied des Kunstvereins Kultur am Kelterberg ist, der erste Preis in der Sparte Mischtechnik zugesprochen. Sein Pastellbild „Figura III“ war mit einem weiteren Werk in der Ausstellung vertreten, die der Verein zur Förderung der Kunst Stuttgart in Bad Cannstatt ausgerichtet hat. Mittlerweile hängen die beiden Bilder wieder in Peter Haußmanns Atelier, das er sich mit seiner Lebensgefährtin Heidi Liebau teilt.

Seit einigen Jahren lebt er in deren Elternhaus an der Gartenstraße. Seit neuestem hat Peter Haußmann als Pensionär mehr Zeit für die Kunst: Bis Mitte dieses Jahres pendelte der Studiendirektor zwischen Vaihingen und Aalen, wo er als Fachberater Lehrkräfte in der Unterrichtsentwicklung unterstützte. Im Hauptberuf war Haußmann nämlich Germanist und Historiker; Kunst hat er nie studiert.

Die Schüler zu mündigen und kritischen Geistern machen

Doch in seinem abwechslungsreichen Leben haben sich die Literatur und die Bildende Kunst immer die Hand gereicht: Studium in Tübingen, zunächst eine wissenschaftliche Tätigkeit, dann das zweite Staatsexamen und der Ruf an ein berufliches Gymnasium in Aalen. „Das wollte damals kaum jemand machen“, erinnert sich Haußmann. Auch er war zunächst zögerlich an die Haus- und Landwirtschaftliche Schule gegangen. Doch dann packte ihn der pädagogische Eros. Das kommunikative Element seiner Tätigkeit gefiel ihm.

Er habe die Schüler zu mündigen und kritischen Geistern machen und ihnen gleichzeitig die Freude am Leben vermitteln wollen, so beschreibt er seine beruflichen Ambitionen. Dazu zitiert er den Dichter Joachim Ringelnatz : „Überall ist Wunderland, überall ist Leben.“ Auch nach dem Tod seiner Frau, der Mutter seiner beiden Kinder, hat er sich diese positive Lebenseinstellung bewahrt.

Ein anderes Motto könnte der Spruch „Ich lege meine Spuren in die Welt“ sein: so wie er selbst als jugendlicher Rabauke von einem Lateinlehrer mit dem Interesse an Geschichte angesteckt worden war, so wollte er die Jugendlichen an seiner Schule an die Literatur und die Kunst heranführen. Als Fachberater für Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde gab er seine Erfahrungen auch an die jüngeren Kollegen weiter.

Die Entschlüsselung überlässt er dem Betrachter

Nebenbei hat Haußmann immer kreativ gearbeitet und seine Arbeiten in Galerien präsentiert. Angefangen hat das mit einer ersten Liebe in jungen Jahren, als er seine Gefühle bildnerisch darzustellen versuchte. Auch jetzt im Alter von mehr als 60 Jahren geht es ihm darum, „das Nicht-Greifbare von Gefühlen zu verdichten“.

Sein Stil hat sich in all den Jahren von gestischen Bildwelten zu reduzierten Acrylbildern in leuchtenden Grundfarben gewandelt. Für die neuesten Arbeiten hat er überwiegend Pastellkreiden benutzt. Seine menschlichen Gestalten, die manchmal Spielfiguren ähneln, setzt er in eine abstrakte Umgebung. Sie sind nicht immer auf den ersten Blick wahrnehmbar.

Beim Malen habe er sich natürlich etwas gedacht, sagt Haußmann, doch die eigentliche Entschlüsselung überlässt er bewusst den Betrachtern. Daher haben die Bilder keine Titel. Manchmal ergibt sich eine eindeutige Interpretation, wie zum Beispiel bei der Darstellung von zwei und drei eng verschmolzenen Figuren, die vom Publikum sofort als Familie wahrgenommen werden. Das preisgekrönte „Figura III“ dagegen zeigt eine gedrungene Gestalt aus Rechtecken. Erst bei genauerem Hinsehen entdeckt man eine zweite Figur: eine liegende Frau, ganz in Schwarz, am unteren Bildrand. Deren Bedeutung? Das kann jeder für sich entscheiden. „Gibt es denn wirklich nur eine Realität?“, fragt sich der Künstler, „ich finde es faszinierend, welche unterschiedlichen Gedanken sich die Betrachter machen.“