Aufpeitschende Reden von den Gewerkschaftern und betretene Minen bei den Beschäftigten. Bei den Schuler-Mitarbeitern in Göppingen geht die Enttäuschung um.
Göppingen - Mein Vertrauen hat Schuler verloren“, erklärt ein junger Mitarbeiter, der gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen vor dem Göppinger Stammsitz des Traditions-Pressenbauers steht. Er ist zu einer Kundgebung gekommen, zu der die IG Metall aufgerufen hatte, weil der Schuler-Vorstand angekündigt hatte, 300 Stellen in Göppingen zu streichen. Weiter filsaufwärts ein ähnliches Bild: Vor den Toren der Württembergischen Metallwarenfabrik (WMF) wettern Beschäftigte gegen die Schließung der Topfproduktion.
Das Vertrauen ist zerstört
„Nach der Schließung von Schuler in Weingarten 2017 bin ich nach Göppingen gekommen. Ich dachte, hier in der Zentrale liegt die Zukunft, auch weil hier der Konzern in ein neues Verwaltungshochhaus investiert hat. Aber ich bin wieder enttäuscht worden.“ Diese Enttäuschung steht dem besagten jungen Mann ins Gesicht geschrieben. Das Angebot der Firma, nach Erfurt in die neue Europa-Zentrale von Schuler zu wechseln, werde er nicht annehmen. Sein Vertrauen in die Firma sei inzwischen zerstört.
Die anderen in der Runde nicken. Es herrscht Katerstimmung nach aufpeitschenden Reden während der Kundgebung. Die Männer sind in der Arbeitsvorbereitung beschäftigt, die mit dem Wegfall der Produktion genauso überflüssig würde wie die Auftragssteuerung, die Qualitätssicherung und die Logistik, zählen die Männer auf. „Vielleicht sitzt bald der Göppinger Oberbürgermeister bei uns in der 12. Etage im Innovation Tower“, witzelt ein Familienvater.
Die Familie will nicht umziehen
Doch es ist eher Galgenhumor, mit dem er die Lage am Göppinger Unternehmenssitz kommentiert. Auch er erwäge keinen Umzug ins thüringische Erfurt, das wolle seine Familie nicht. Egal ob Erfurt, China oder Brasilien – er könne sich nicht vorstellen, wie der Wissenstransfer an andere Schulerstandorte funktionieren solle. Vermutlich gehe viel Know-how verloren, wenn jetzt Kompetenzen leichtfertig aus der Hand gegeben würden. „Dann wird der Umsatz sinken“, vermutet einer.
Mit verschiedenen Arbeitszeitmodellen und einer Drosselung der Produktion hätte man den Abschwung nach neun fetten Jahren auffangen können, meinen sie. Diese Vorschläge des Betriebsrats habe der Vorstand bei der Betriebsversammlung am Vormittag zwar gutgeheißen – doch die Schließung komme trotzdem. Dafür hat niemand aus der Runde Verständnis; die Mitarbeiter wünschen sich eine weitsichtigere Strategie des Vorstands.
Die IG Metall fordert Kurzarbeitergeld
Das sieht auch die Gewerkschaft so. Angesichts von 2000 gefährdeten Arbeitsplätzen in den Metall- und Elektrobetrieben im Kreis Göppingen solle die Agentur für Arbeit ihre zum Teil restriktive Haltung gegenüber dem Kurzarbeitergeld aufgeben, forderte Renate Gmoser von der IG Metall. Die Zweite Bevollmächtigte erklärte, es sei Zeit, in berufliche Qualifikation, die Sicherung der Ausbildungsplätze und neue Produkte zu investieren.