Preisexplosion inklusive: Modell des Museums der Moderne Foto: picture alliance/dpa/J. Kalaene

Das Berliner Museum der Moderne ist das neueste Beispiel für desolate Bauplanung nach altem Stil: Seit dem politischen Beschluss haben sich die veranschlagten Kosten bereits verdreifacht. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) ficht das nicht an. Anfang Dezember soll Baubeginn sein.

Berlin - Kostenexplosionen bei Großprojekten sind ein so unerfreuliches wie verbreitetes Phänomen. Berühmte Beispiele: der Bahnhofsumbau Stuttgart 21 und der Flughafen Berlin-Brandenburg. Aber auch der Kultursektor kann mit zig Fällen aufwarten. Eine Spitzenposition nimmt die Hamburger Elbphilharmonie ein, die 866 statt der ursprünglich anvisierten 77 Millionen Euro kostete.

Fehler sind dazu da, um aus ihnen zu lernen – Eltern zitieren die Binsenweisheit gern, wenn sie sich als konstruktive Erzieher zeigen wollen. Ihre Sprösslinge schlagen solche Ratschläge oft in den Wind, Stuttgart aber scheint über diese kindische Renitenz hinweggekommen zu sein. Bei der Opern-Sanierung haben Stadt und Land den Expertenrat beherzigt und erst nach langwierigen Prüfungen eine realistische Grob-Kostenschätzung vorgelegt, um eine tragfähige Grundlage für die Meinungsbildung in Politik und Gesellschaft zu haben. Zudem wurde betont, dass präzise Kosten erst dann beziffert werden könnten, wenn der Siegerentwurf eines Wettbewerbs vorliege.

Keller sind in Berlin besonders teuer

Berlin hingegen zeigt sich konsequent lern- und beratungsresistent. Wobei mit Berlin nicht die Hauptstadt, sondern der Bund gemeint ist, der die Kosten für das geplante Museum der Moderne tragen muss. Dieses Prestige-Projekt der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) entsteht nach einem Entwurf des Schweizer Renommierbüros Herzog & de Meuron, das auch die Elbphilharmonie geplant hat, und soll am Kulturforum in unmittelbarer Nähe zur Philharmonie und zur Neuen Nationalgalerie eine der wichtigsten Sammlungen mit Kunst des 20. Jahrhunderts aufnehmen.

Die Idee eines „Moma für Berlin“ wurde 2012 geboren, um angekündigte Schenkungen von Sammlern prominent präsentieren zu können. Die Kalkulation damals: 130 Millionen Euro. 2014 wurden, um Teuerungen zu berücksichtigen, 200 Millionen bewilligt. Jüngst hat der Haushaltsausschuss des Bundestags 364,2 Millionen Euro Baukosten genehmigt. Wenn man noch Baukostensteigerung und Risikokosten hinzurechnet, sind rund 450 Millionen erreicht. Kritiker wollen jetzt schon wissen, dass bis 2026, wenn die Eröffnung gefeiert werden soll, auch 600 Millionen Euro nicht reichen werden. Den Spatenstich hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Bauherr für den 3. Dezember terminiert. Die zu erwartenden Kosten haben sich somit schon vor Baubeginn verdreifacht. Begründungen seitens der Kulturstaatsministerin blieben zuerst aus und wurden dann nur zögerlich nachgereicht: Es gab Umplanungen, Grundriss und Gebäudevolumen wurden verkleinert, zum Ausgleich wurde ein zusätzliches Kellergeschoss nötig, was in Berlin teuer ist.

Die Oper in Sydney wurde einst 14-mal teurer als geplant

Was auch immer die Ursachen für die Kostensteigerung sein mögen, ein Kardinalfehler bleibt: eine fixe Summe viel zu früh zu nennen. Der Architekt Pierre de Meuron verteidigte jüngst sein neues Projekt gegen den Vorwurf der erneuten Kostenexplosion. Die ursprünglichen Beträge hätten sich auf eine Projektstudie ohne konkrete Gebäudeplanung bezogen. Aber die überwiegende Mehrheit ihrer Projekte würden im Kostenrahmen fertiggestellt – „sonst gäbe es unser Büro nicht mehr“.

Von anderen Experten war zu hören, dass den Auslobern von Anfang klar gewesen sein müsse, dass die Ursprungsbeträge nicht realistisch sind. Grütters, so ist man sich in Berlin einig, will das Museum des 20. Jahrhunderts, wie es auch genannt wird, zu jedem Preis, weshalb die Hauptstädter auch schon einen Namen gefunden haben: Grüttoleum.

Meinhard von Gerkan, der Architekt des Flughafens BER, sagte 2013 in einem Interview, bei Großprojekten stehe am Anfang immer eine Lüge, um sie politisch durchzubekommen, beispielsweise das ICC in Berlin, das statt 120 Millionen Mark am Ende 924 Millionen kostete, oder die Oper in Sydney, die 14 Mal so teuer wurde wie angekündigt. Doch die Zeiten haben sich geändert. Schummeln funktioniert nicht mehr in Zeiten von Ressourcenendlichkeit und aufgeklärten Bürgern, die auf Seriosität pochen.