Symbolträchtiges Kampfflugzeug: Die hochmoderne F-35. Der deutsche Roboterbauer Kuka hilft beim Bau des Flugzeugrumpfs. Foto: DPA

Für den geplanten Einstieg des chinesischen Konzerns Midea bei Kuka könnte vor allem das US-Rüstungsgeschäft des deutschen Roboterbauers zum Problem werden.

Stuttgart/Washington - Der supermoderne Mehrzweckkampfjet F-35 ist der ganze Stolz der US-Luftwaffe und der US- Rüstungsindustrie. „Kein anderes Kampfflugzeug ist wie dieses“, schwärmte vergangene Woche erst ein US-Testpilot auf der britischen Luftfahrtmesse Farnborough. Es kombiniere Tarnkappenfähigkeit mit hoch entwickelte Elektronik, die aus dem Piloten den „ultimativen Taktiker“ werden lasse.

Der Überschalljet soll unerkannt durch feindliches Luftabwehrradar schlüpfen, Ziele am Boden zerstören und sich wieder unerkannt davon machen. Das von Lockheed Martin, BAE Systems und Northrop Grumman gebaute Flugzeug ist auch das teuerste Rüstungsvorhaben der Militärgeschichte. Kostenpunkt: 900 Milliarden Euro. Die Flugzeugbausparte von Kuka System Nordamerika liefert die integrierte Fertigungsstraße zum Bau des Rumpfs der F-35 bei Northrop Grumman. „Es ist das erst Mal, dass ein großer Flugzeugbauer mit einem Zulieferer einen Vertrag geschlossen hat, eine komplette Fertigungsstraße zu liefern und zu installieren“, jubelte 2009 euphorisch eine US-Pressemitteilung von Kuka.

Chinesen haben die Design-Pläne des Kampfjets F-35 schon

Bitterer Wermutstropfen: Die Chinesen haben, wie Edward Snowden, Ex-Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA enthüllt hat, „viele Terabytes an Daten“ des Tarnkappenbombers gestohlen, inklusive Details zum Triebwerksbau und zum Radardesign. Ein Grund mehr für die Aufseher der US-Regierung vom Komitee für ausländische Investitionen in den USA (CFIUS) bei der geplanten Übernahme des Augsburger Roboterherstellers Kuka durch den chinesischen Haushaltsgerätehersteller Midea ganz genau hinzuschauen. Nach ihren Statuten prüft diese US-Behörde unter Federführung des Finanzministeriums, ob die Übernahme die nationale Sicherheit der USA gefährdet. Dabei wird der Sicherheitsbegriff sehr viel weiter ausgelegt als im deutschen Außenwirtschaftsrecht. Die US-Behörde könnte den Erwerb nicht verbieten, sie kann aber Auflagen verhängen oder dem US-Präsidenten ein Verbot empfehlen.

Nach Angaben von Kuka hat der Augsburger Roboterbauer, wie allgemein üblich, freiwillig eine Prüfung bei CFIUS angestoßen. „Wir gehen davon aus, dass keine wesentlichen Hindernisse für diese Transaktion da sind“, sagt eine Kuka-Sprecherin auf Anfrage unserer Zeitung. Hinter vorgehaltener Hand rechnet man in unternehmensnahen Kreisen mit Blick auf das Kuka-Engagement in der US-Rüstungs- und Luftfahrtindustrie durchaus mit größerem Störfeuer aus den USA.

Ex-Investor Wyser-Pratte: Sicherheitsfragen lösbar

„Das könnte den ganzen Deal zum Einsturz bringen“, befürchtet ein Jurist in den USA, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er verweist auf einige Übernahmeangebote, vor allem durch Chinesen oder die arabischen Golfstaaten in der jüngsten Vergangenheit. „Das Mindeste ist, dass Kuka dazu gebracht wird, das heikle USA-Geschäft abzutrennen“, prognostiziert der New Yorker Fusionsexperte. Der US-Ex-Großinvestor Guy Wyser-Pratte geht am Ende von einer gütlichen Einigung zwischen der US-Regierung und Kuka aus: „Ich vertraue darauf, dass das Thema nationale Sicherheit mit CFIUS gelöst werden kann“, sagt der Ex-Marine.

Weniger als drei Prozent an Kuka-Aktien besitzt er heute noch. Einst waren es aber fast zehn Prozent. Und noch immer verfolgt der 76-Jährige das Geschehen bei dem Augsburger Unternehmen, an dessen heutigen Erfolg auch er einen großen Anteil hat. „Die Chinesen bekommen ein Schnäppchen“, kommentiert er auf für ihn typische Art und Weise das Übernahmeangebot von Midea. Kuka sei „eines der größten Wachstumsunternehmen in der deutschen Geschichte“, fügt er am Telefon noch hinzu. Die meisten deutschen Experten halten das chinesische Kaufangebot dagegen für überteuert.

Widerstand im US-Kongress

Sorgen herrschen mit Blick auf die Kuka-Übernahme durch die Chinesen auch im US-Kongress. So fordert der Abgeordnete Beto O’Rourke von der US-Regierung, sie müsse sicherstellen, „dass wir im Vergleich zu anderen Staaten keinen Wettbewerbsnachteil erleiden, insbesondere wenn wichtige Militärtechnologie von Ländern hergestellt wird, die eine fast ebenbürtige militärische Bedrohung darstellen“, sagt der Texaner aus El Paso, der dem gemäßigten wirtschaftsfreundlichen Flügel der Demokraten angehört.

Neben dem Bau des Kampfjets F-35 kooperiert Kuka in den USA auch mit dem Flugzeugbauer Boeing bei der Produktion des zivilen Airliners Boeing 777, mit dem Hubschrauberhersteller Bell Helicopter und bei der Produktion des Jeep Wrangler für den US-Automobilbauer Chrysler. Der Umsatz aus dem „rüstungsnahen Bereich“ beläuft sich laut Kuka aber nur auf ein Prozent des drei-Milliarden-Euro-Umsatzes weltweit – also auf 30 Millionen Euro.

Strategische Überlegungen

Und was, wenn sich die US-Regierung bei ihrer Prüfung der Kuka-Übernahme nicht nur von rüstungspolitischen, sondern auch von weiter gefassten strategischen Überlegungen leiten lässt? Auch unter deutschen Ingenieuren ist die Befürchtung verbreitet, dass sich die Chinesen über Kuka Zugang zu allen Branchen verschaffen, in denen bald die Digitalisierung der Produktion ansteht.

Bei ausländischen Investitionen sei immer darauf zu achten, meint eine US-Regierungsbeamtin, „woher ein Unternehmen das Geld hat, ein anderes Unternehmen zu kaufen, was das Ziel des Erwerbs ist und ob womöglich ein bestimmtes Muster oder ein langfristiger Plan existiert“. Und zur Debatte um die Kuka-Übernahme in Deutschland meint sie: „Die Tatsache, dass so viele Stimmen ihre Sorgen zum Ausdruck gebracht haben, legt nahe, dass ein genaue Prüfung angebracht ist.“