Gerd Ulmers Bilder sind voller Farben und Zitate. Foto: /Jürgen Bach

Gerd Ulmer aus Hemmingen hat nach seinem Austritt aus der Jesus-Bruderschaft andere Wege gefunden, den Glauben zu leben. Erstmals stellt er seine Kunst aus.

Gerd Ulmer ist ein gutes Beispiel dafür, dass nicht alles schlecht war, als das Coronavirus wütete. Der 72-Jährige erinnert sich an diese eine kalte Winternacht im Jahr 2021, in der er – wieder einmal – mit Holz arbeitet. Holz liebt Gerd Ulmer schon immer, doch in jener Nacht entdeckt er eine weitere, eine noch größere Leidenschaft. „Ich habe ein Stück Holz bemalt, was mir sehr viel Freude gegeben hat“, berichtet Gerd Ulmer. Seitdem malt er fast lieber, als er mit Holz arbeitet. Zwar bemalt der 72-Jährige gern Holz mit Acrylfarben, „die Leinwand hat jedoch Vorrang“, sagt er.

Anders als die Coronapandemie ist die Leidenschaft fürs Malen geblieben – „ich kann nicht mehr aufhören“ –, und so hat der Hemminger bereits mehr als 250 farbenprächtige Kunstwerke geschaffen. Die Gegenstände aus Holz wie Uhren, Engel, Lampen, Kerzenständer, Schnitzereien sind da nicht mit eingerechnet. Es sind so viele Bilder entstanden, dass Gerd Ulmer gezwungen ist, in seiner Galerie zahlreiche platzsparend zu lagern, anstatt sie alle großzügig zu präsentieren. Vor einigen Jahren hat er den alten Stall neben seinem Haus zur Holzwerkstatt umgebaut und das frühere Strohlager darüber zur Galerie. Eine Auswahl an Werken zeigt Gerd Ulmer von diesem Freitag an in Ditzingen. Es ist seine erste Schau.

Kunst spricht auch Nicht-Gläubige an

Der 72-Jährige berichtet, er sei immer ein kreativer Mensch gewesen. Die Acrylfarben trägt er mit einem Spachtel auf, mit Tüchern und Händen nimmt er sie ab. Gerd Ulmer ist aber auch ein gläubiger Mensch. Das drückt er mit, in seiner Kunst aus, die er reale Abstraktion nennt. „Ich will in Farben und Formen nachempfinden, was ein Bibeltext mir sagt“, so Ulmer. Die Bibel sei „unglaublich reich an vitalen Geschichten und so aktuell wie kein anderes Buch“. Sie erzähle von Freude und Glück, Not und Leid, tröste, mache Hoffnung. Gerd Ulmer sagt, er wolle das Positive darstellen, das Geheimnisvolle ahnen lassen, auf das Unsichtbare hinweisen, das er mit der sichtbaren Welt vereint. Der Kern seiner Arbeit sei diese Jesus-Aussage: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“

Manchmal setzt Gerd Ulmer eine Bibelstelle künstlerisch um, manchmal entsteht ein Werk, dem er dann einen aus seiner Sicht passenden Bibelspruch zuordnet. Nicht alle Bilder ziert ein Bibelzitat, zu vielen Werken gehört ein schlichtes Kärtchen, auf dem der Spruch steht. So spricht Gerd Ulmer ebenfalls Menschen an, die nichts mit Gott und Glauben anfangen können. „Man kann auch etwas völlig Anderes in meinen Bildern sehen, sie ganz anders interpretieren“, sagt Gerd Ulmer, der betont, er wolle niemanden bekehren. Seiner Meinung nach werde Gott eines Tages erfüllen, was er verheißen habe. „Wer will, kann sich darauf einlassen“, sagt Gerd Ulmer – auf seine Bilder als „stille Verkündigung“.

„Mir hat im Kloster etwas gefehlt“

Indem er malt, hat Gerd Ulmer einen Weg gefunden, seinen Glauben zu leben. 22 Jahre ist er jung, als er in die Jesus-Bruderschaft im Kloster Gnadenthal in Hessen eintritt und fortan als evangelischer Mönch lebt, stets grau gekleidet. Zunächst sei er dem Glauben gegenüber sehr kritisch gewesen. Als er im Alter von 18 Jahren Gläubige aus der Schweiz kennenlernt, viele Gespräche führt, und es schließlich zum Übergabegebet kommt, habe es ihn gepackt. „Ich war fest davon überzeugt, dass das meine Berufung ist“, sagt Gerd Ulmer. Er sollte sich täuschen. Nach 13 Jahren verlässt er die Bruderschaft, bevor er den endgültigen Schritt geht, eine Art Eheschließung mit Gott vollzieht. Er habe festgestellt, dass ihm etwas fehle. Die Jesus-Bruderschaft sei weltoffen, gleichwohl sei das Leben im Kloster anstrengend, geprägt von beten, arbeiten und essen. „Das verträgt nicht jeder“, sagt Gerd Ulmer.

Während seiner Zeit in Hessen lässt er sich zum Verlagsbuchhändler ausbilden. Erst arbeitet Gerd Ulmer im Verlag der Jesus-Bruderschaft. Nach seinem Austritt zieht es ihn immer weiter in den Süden Deutschlands, wo er in anderen christlichen Verlagen tätig ist, zuletzt als Geschäftsführer, und zudem seine spätere Frau trifft. Mit ihr, Beate Ulmer, einst Vorsitzende im Kirchenbezirk Vaihingen-Ditzingen, ist er seit mittlerweile 34 Jahren verheiratet. Er hat drei Kinder und ebenso viele Enkel.

Ausstellung dank der Ehefrau

Seine Frau ist es schließlich auch, die ihn ermutigt, in Ditzingen zum ersten Mal seine Bilder auszustellen – und im September bei der Hemminger Kulturnacht mitzumachen. „Mich anzupreisen, liegt mir nicht, aber ganz frei von Meinungen bin ich dann doch nicht“, gibt Gerd Ulmer zu. Er male allerdings in erster Linie, weil er Lust dazu habe, für sich – und natürlich für Gott, um ihn zu ehren und zu loben. „Er wird alles gut machen“, ist der 72-Jährige überzeugt und fügt hinzu: „Trotz allem.“ Auf die Frage, warum Gott beispielsweise Leid zulasse, wisse er keine Antwort. „Ich habe damit auch meine Probleme und begehre auf“, sagt Gerd Ulmer. Es bleibe einem nur, mit Menschen mitzuleiden – und als zweiten Ausweg die Hoffnung auf das, was kommt, nämlich die Ewigkeit.

Unter dem Titel „Wenn der Himmel die Erde berührt“ stellt Gerd Ulmer in Ditzingen im Clubraum des evangelischen Gemeindehauses, Münchinger Straße, seine Kunstwerke aus. Die Vernissage ist an diesem Freitag, 30. Juni, um 18.30 Uhr. Die Ausstellung geht bis 31. Juli.