„Jetzt geht’s ab!“ Michi Beck, Smudo und Thomas D (von links) am Freitagabend beim ersten der zwei Konzerte auf dem Wasen Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

28 000 und 45 000 feiern am Freitag und Samstag mit den Fantastischen Vier auf dem Wasen. Die Stimmung ist perfekt, neben großen Stuttgarter Heimatgefühlen wartet der Auftritt aber auch mit Überraschungen auf.

Freitagabend ist schöner als Freitagmorgen und Donnerstag zusammen. Das ist ein großes Glück für alle, die an diesem Abend feiern wollen, mit den Fantastischen Vier, auf dem Cannstatter Wasen. Rund 28 000 Menschen wandern über das Gelände, vorbei an den Pfützen, die das Unwetter hinterließ, hin zur großen Bühne.

 

Auf ihr wird am Samstag, beim zweiten Heimspiel der Fantastischen Vier, das dann sogar 45 000 Besucher anlockt, der Rapper Clueso stehen; am ersten Abend ist es Gentleman, der deutsche Reggae-Mann aus Osnabrück; vor ihm sind DJ Thomilla und der Soulsänger Flo Mega da. Gentleman singt auch seine Version von „Mad World“, dem Hit der Band Tears for Fears, der nach 40 Jahren nur noch richtiger klingt.

Die Fantastischen Vier werden am 7. Juli ihren 33. Geburtstag feiern – die Tournee zu ihrem 30. mussten sie oft aufschieben. Jetzt erst konnten sie diese erst beginnen, spielten wenige Tage zuvor in München. „Für immer 30 Jahre Live“ – so heißt die Tour mittlerweile; das hat Gründe, und die sind bekannt.

Ein Vorhang verhüllt die Bühne, auf dem die Gesichter von Smudo, Thomas D, Michi Beck und And.Ypsilon leuchten, dann sind sie da, leibhaftig, stehen in Reih und Glied, erscheinen in Schwarz-Weiß auf den großen Bildwänden, grüßen ihre Fans mit „MfG“ – die Show beginnt, mit ungebremster Energie, reißt das Publikum augenblicklich mit und bringt eine Überraschung: Dieses Mal klingen die Fantastischen Vier ein wenig anders. Sie kommen mit einer Bläsergruppe.

Die Stimmung ist perfekt

Eigentlich, das erklären die Vier den Besuchern später, wollten sie diese Verstärkung nur einer einzigen Melodie halber. Die wenigen Noten – nicht nur der eingeschworene Fan erkennt sie augenblicklich – sind auch schon 30 Jahre alt und gehören zum Song, mit dem die Fantas ihren Durchbruch hatten. Noch einmal lernen Thomas D und Smudo eine Frau kennen, die freitags nie kann – und die drei, die den Vieren zur Seite stehen, mit Trompete, Posaune, Saxofon, verleihen nicht nur diesem Song ein großes, druckvolles Soul-Feeling.

Bei „Die da!?!“ dreht sich die Uhr zuerst auch ein großes Stück zurück, man sieht Bilder der Fantastischen Vier aus jungen Jahren, die schließlich den Gesichtern der Gegenwart weichen. Aber, aber: „Das sind alles nur Zahlen! Ihr wisst, Stuttgart, 33 ist das neue 25! Also lasst feiern! Scheißegal welches Jahr, oder wie alt wir sind!“ Bei „25 Years“, geliehen von The Catch, tobt der Platz. Da gibt es längst kein Halten mehr: Die Stimmung ist perfekt, die Fans sind von Sinnen, und die Fantas haben ihren Spaß.

Ihre größten Hits haben sie zu diesem Zeitpunkt längst gespielt, die Euphorie ist mit jedem Song nur noch gesteigert. Der Auftritt folgt dabei exakt der Setlist ihres Münchner Konzerts, lässt kein Highlight aus – nach „MfG“ kommt „Aller Anfang ist Yeah“, nach „Was geht“ kommt „Danke“, nach „Zu geil für diese Welt“ kommt „Jetzt geht’s ab“. Und dass alles so einfach sein könnte, es aber nicht ist – das haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren alle gemerkt, drum singen sie es mit, und ihre Arme fliegen durch die Luft.

Schwärmereien von Spätzle in der Soß

Als Thomas D zum Krieger wird und wieder einmal eindrucksvoll transzendenten Kampfgeist zelebriert, ersetzt Pathos das Tempo. Bei „Wir ernten, was wir säen“ hüpft und klatscht das Menschenmeer nur noch frenetischer; Markus Birkle, Gitarrist der Fantastischen Vier, feuert ein Gitarrensolo ab. Rage Against The Machine haben die Fantas da längst schon zitiert.

Dazwischen bleibt noch Zeit für jede Menge Spaß, und die Fantas sind dazu aufgelegt. Eine Nachrichtensprecherin von früher erscheint auf einer LED-Wand, lobt mit leiser Ironie das hohe Niveau des Stuttgarter Sprechgesangs – „Aber Hauptaufgabe der Songs ist es ja auch, die jugendlichen Konzertbesucher in eine Masse senkrecht federnder Gummibälle zu verwandeln.“ Nun: Das funktioniert noch 30 Jahre später auch bei Konzertbesuchern, die längst nicht mehr jugendlich sind. Und weil die Fantas in der Heimat spielen, beginnen sie irgendwann auch, zu schwäbeln, Smudo schwärmt von den „Spätzle in der Soß“.

Schwarz-weiß, wie zu Beginn, ist ihre Show nicht geblieben – die Fantastischen Vier leuchten in allen Farben; Rot, Grün, Blau und Gelb geben, in kühl abgestimmten Tönen, den visuellen Rahmen für das rauschhafte Ereignis; die Sonne sinkt langsam hinter der Wasenbühne und die Fantas rappen, sehr relaxt, mit jazzigem Feeling vom „Tag am Meer“.

Die Zugabe bringt „Populär“ und, ganz zuletzt, „Zusammen“. Stuttgart feiert die Fantastischen Vier, die Fantastischen Vier feiern Stuttgart: „Den großen Teil unseres Lebens haben wir bei euch verbracht“, sagen sie der Stadt. „Das hätten wir nie alleine geschafft, niemals. So etwas schafft keine Band alleine!“