Noch wird gebaut, aber die Aussichten für den Wohnungsbau sind düster. Foto: imago/Jochen Tack

Das Wohnen ist die entscheidende soziale Frage unserer Zeit – doch der Wohnungsbau steckt in einer Krise. Nun sind drastische Maßnahmen gefragt, meint Tobias Heimbach.

Es war ein Treffen in Krisenzeiten. Am Donnerstag hat sich die Immobilien- und Bauwirtschaft zu ihrem jährlichen Wohnungsbautag getroffen. Die Aussichten, die Branchenvertreter dabei für den Wohnungsbau und das Baugewerbe skizzierten, sind apokalyptisch. Zu dieser Situation hat ein nie da gewesener Cocktail geführt: Steigende Zinsen, verteuerte Baumaterialien und hohe Standards führen dazu, dass das Bauen immer teurer wird.

Die Baubranche sieht sich am Kipppunkt

Ein Beispiel: Selbst wenn ein Bauherr keine Profite erzielen will, muss er mindestens 17,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter verlangen. Preise, die sich hierzulande kaum jemand leisten kann. Deswegen kommt der Wohnungsbau gerade zum Erliegen. Die Folgen sind dramatisch: In Zeiten, in denen die Nachfrage nach Wohnraum steigt, werden immer weniger Wohnungen fertig.

Einen Silberstreif am Horizont gibt es nicht – im Gegenteil. In einer Studie heißt es, die Branche sei am Kipppunkt. Weil nicht mehr investiert wird, schicken Betriebe ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit, manche werden gekündigt, einige Unternehmen fürchten den Bankrott. „Das passiert jetzt gerade“, sagen Vertreter der Bauwirtschaft. So wird es in Zukunft noch schwerer, mehr Wohnungen zu errichten. Um nicht zu sagen: unmöglich.

Was also tun? Auch wenn es Mode geworden ist, ein Sondervermögen für fast alle Politikbereiche zu fordern, für den Wohnungsbau wäre es notwendig. Denn das Wohnen ist „die soziale Frage unserer Zeit“, wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) einmal sagte. 50 Milliarden Euro fordern Gewerkschaften. Das Geld wäre gut investiert, denn bereits heute sagen viele Unternehmen, sie würden keine Mitarbeiter finden, weil Wohnraum fehlt. Zusätzlich muss man sofort alles tun, was nichts oder wenig kostet: Bauordnungen entschlacken, Genehmigungszeiten verkürzen, unnötige Standards streichen und mehr Bauland bereitstellen. Denn sonst kippt nicht nur die Baubranche, sondern auch der soziale Frieden.