Der Russe Andrei Denisenko hat kein Schengen-Visum bekommen. Foto: Andrei Denisenko

Eine Israelin und ein Russe haben wegen des Nahostkrieges nicht an der Cello Akademie in Rutesheim teilnehmen können.

Matthias Trück, Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter der Cello Akademie Rutesheim, hat schon vor Beginn des Festivals in diesem Jahr davon gesprochen, dass die Entwicklung, dass sich vieles ändere, weiter anhielte. Dazu hat dieses Mal auch der Krieg im Nahen Osten beigetragen. Eine 18-jährige Israelin und ein 25-jähriger Russe, die sich beide für die Cello Akademie beworben hatten und ausgewählt wurden, konnten ihre Reise nach Rutesheim nicht antreten.

Die Israelin Noey Gvili wurde eingezogen, sie dient jetzt als Soldatin bei den „Israel Defence Forces“ (IDF). Da es allen Soldaten auf Grund des Krieges untersagt ist, ins Ausland zu fliegen, musste sie ihre Teilnahme an der Cello Akademie absagen. In einer E-Mail an Matthias Trück vom vergangenen Sonntag bedankt sie sich bei ihm für die warmherzigen und unterstützenden Worte, „die in Zeiten wie diesen wichtiger denn je seien“. Man merkt ihren Worten an, dass sie es bedauert, nicht in Rutesheim gewesen sein zu können. Am Ende der Mail drückt sie ihre Hoffnung aus, „alle im kommenden Jahr treffen zu können“.

Ein Foto in Uniform und eines mit Cello

Gvili hat ihrer E-Mail zwei Fotos angehängt: auf dem einen ist sie in Uniform zu sehen, das andere zeigt sie mit ihrem Cello, auf beiden lächelt sie. Als das Foto von Noey Gvili in Uniform aufgenommen wurde, hätte sie eigentlich bei der Cello Akademie mitmachen wollen. Matthias Trück, der die Bewerber durch Videos, ihre Lebensläufe und monatelangen Kontakt vor Beginn der Cello Akademie kennenlernt, sagte kurz vor dem Event: „Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass sie jetzt mit einer Waffe statt mit einem Cello unterwegs ist.“ Allerdings konnte sie ihr Instrument auch als Soldatin bereits zum Einsatz bringen: So schreibt sie in ihrer E-Mail, dass sie und andere herausragende Musiker in der Armee ein Konzert für Kinder von evakuierten Familien gegeben hätten.

Der Russe Andrei Denisenko hatte ebenfalls eine Zusage von der Cello Akademie in Rutesheim bekommen. Ihm machten gleich zwei Kriege einen Strich durch die Rechnung. Denisenko, der am Konservatorium in Moskau studiert hat, sah im vergangenen Jahr, als sein Land den Krieg gegen die Ukraine begann, für sich keine Möglichkeit mehr, in seiner Heimat zu bleiben. „Ich wollte kein Teil dieses Verbrechens sein und wollte nicht eingezogen werden,“ ist in seiner E-Mail an die Cello Akademie zu lesen. Nach Europa konnte er nicht ausreisen, da er kein entsprechendes Visum bekommen hätte. Aber er schaffte es, ein Studenten-Visum für Israel zu erhalten. Seit Oktober 2022 ist er Student an der Jerusalem Academy of Music and Dance.

Zwei Kriege machen ihm einen Strich durch die Rechnung

Um nach Deutschland kommen und an der Cello Akademie teilnehmen zu können, hätte Denisenko als Russe ein Visum benötigt. Die dafür notwendigen Dokumente reichte er deshalb Ende August bei der Deutschen Botschaft in Tel Aviv ein. Doch durch den Angriff der Hamas und den folgenden Krieg in Nahost hat auch die deutsche Botschaft in Tel Aviv inzwischen ihre bisherige Arbeit eingestellt. Und obwohl Andrei Denisenko seine Papiere dort rechtzeitig abgegeben hatte, war sein Visum nicht rechtzeitig vor der Abreise fertig. Als einen Grund nennt er, dass sich die Regeln für russische Bürger, ein Visum zu bekommen, verschärft hätten. Die einzige Nachricht der Botschaft war, dass er seinen Reisepass abholen könne. Am 16. Oktober erhielt er diesen zurück – ohne Schengen-Visum und ohne eine offizielle Ablehnung. Am nächsten Tag dann die nächste Absage: Sein Flug mit der Lufthansa nach Deutschland war gestrichen wie viele andere Flüge. Die Möglichkeit, stattdessen mit der israelischen Airline El Al zu fliegen, war für den gebürtigen Russen keine Alternative. Da er kein Visum hatte, wäre er an der Grenze festgenommen worden.

Kein Schengen-Visum und keine offizielle Ablehnung

Ebenso wie Noey Gvili bittet Andrei Denisenko bei der Cello Akademie darum, dass ihm die bereits gezahlten Kursgebühren erstattet werden. Denisenkos Lage ist insofern noch schwieriger, als er mit einem Studenten-Visum in Israel nicht arbeiten darf. Wie aus seiner E-Mail zu erfahren ist, lebt er einzig vom Verkauf einer Wohnung in Moskau. Matthias Trück betont, dass ihm und seinem Team daran gelegen ist, Studenten in einer solchen Lage die Kursgebühren, soweit es geht, zu erstatten. Aber auch die Cello Akademie habe nicht die Möglichkeit, allen Studenten in einer Notlage die Kosten zu erlassen, so Trück. Insofern würde er sich freuen, wenn es Menschen gebe, die bereit wären, die Cello Akademie und die beiden jungen Cellisten finanziell zu unterstützen, und er ergänzt: „Falls tatsächlich mehr als die fehlenden 1700 Euro zusammenkommen, sichern wir das verbleibende Geld als Rücklagen für ähnliche Notfälle im nächsten Jahr, die sicherlich kommen werden.“

Wer zur Erstattung der Kursgebühren der beiden Cellisten beitragen möchte: Unter https://www.cello-akademie-rutesheim.de/de/Ueber-die-Akademie/Kontakt-Anfahrt findet sich die Bankverbindung der Cello Akademie. Die Cello Akademie stellt auf Wunsch eine Spendenbescheinigung aus.