Zivilsten suchen Schutz vor dem Beschuss ihres Dorfs. Foto: dpa/Siranush Sargsyan

Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan offenbart die Zerrissenheit der Nato-Partner, kommentiert Susanne Güsten.

Der Ausgang des Ein-Tage-Kriegs im Kaukasus diese Woche sei eine „bittere Bilanz für Armenien und die EU“, sagt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, der SPD-Politiker Michael Roth. Was Roth als Niederlage wertet, ist aus Sicht der Türkei ein Sieg: Aserbaidschan habe mit dem Vorstoß in Berg-Karabach seine territoriale Integrität verteidigt, lobt Ankara. Recep Tayyip Erdogan war der einzige Präsident eines Nato-Staates, der Aserbaidschan beim Feldzug gegen Berg-Karabach unterstützte.

Wie bei Erdogans Sonderrolle im Ukraine-Krieg und beim Streit über die Aufnahme Schwedens in die Nato sind die Türkei und ihre westlichen Partner auch in der Karabach-Frage uneins. Der Kaukasus dürfte dauerhaft zu einem Konfliktfeld zwischen der Türkei und dem Westen werden, weil sie gegensätzliche Interessen verfolgen. Die USA verstärken seit einiger Zeit ihre Unterstützung für Armenien, um Russlands Schwäche auszunutzen. Die Türkei will dagegen selbst neue Gestaltungsmacht in der Region werden. Die Beziehungen zwischen Ankara und dem Westen dürften noch komplizierter werden.