Am Busbahnhof in Göppingen ist zwar schon heute meist reger Verkehr, in Zukunft soll dort aber noch mehr los sein. Foto: Horst Rudel

Bus und Schiene werden im ganzen Kreis aufeinander abgestimmt, außerdem gibt es regelmäßige Abfahrtszeiten. Das hat der Verkehrsausschuss des Kreistags beschlossen. Allerdings ist das teuer – teurer als in anderen Kreisen.

Göppingen - In den anderen Landkreisen der Region Stuttgart ist es längst eine Selbstverständlichkeit, jetzt wird auch im Kreis Göppingen dafür gesorgt, dass Bus und Schiene aufeinander abgestimmt werden und dass die Busse regelmäßig fahren – je nach Linie alle halbe Stunde oder jede Stunde. Im Januar geht es voraussichtlich los, dann soll das neue System den Öffentlichen Nahverkehr übersichtlicher machen, damit ihn die Bürger leichter nutzen können. Das Ziel ist es, dass für die Kunden stets sofort der passende Anschlussbus oder -Zug bereitsteht, wenn sie weitere Strecken fahren und umsteigen müssen.

Das neue System soll den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen und möglichst viele neue Kunden dazu bewegen, ihr Auto öfter mal stehen zu lassen. Für dieses Ziel sind die Kreisräte und Verkehrsplaner bereit, tief in die Tasche zu greifen: Rund 4,5 Millionen Euro kosten den Kreis die geplanten Verbesserungen. Der erste Anlauf, einen solchen Nahverkehrsplan umzusetzen, scheiterte im Jahr 2013, weil sich die vielen Schulbusse im Kreis nicht mit dem geplanten Stunden- und Halbstundentakt unter einen Hut bringen ließen. Seither arbeiteten die Verkehrsplaner, die Kreisräte und die Busunternehmer an einer Lösung. In den vergangenen Monaten wurde das Konzept mit den Städten und Gemeinden im Detail besprochen, deren Anregungen wurden so weit wie möglich eingearbeitet. Dennoch gab es auf der Zielgeraden noch einmal Kritik, die das ganze Werk ins Wanken zu bringen schien.

Gutachter schreckt Kreisräte auf

Der Gutachter Felix Berschin von der Nahverkehrsberatung Südwest in Heidelberg, der am Anfang an der Erarbeitung des Plans beteiligt war, schreckte die Kreisräte mit einem kritischen Brief auf, in dem er vor enormen Risiken warnte, falls der Plan in der jetzigen Form umgesetzt würde. Berschin zufolge ist die Vergabe der geplanten zusätzlichen Verbindungen an die Busunternehmen unzulässig. Denn die Aufträge wurden direkt erteilt und nicht wie üblich ausgeschrieben. Hinzu kommt aus der Sicht des Gutachters, dass der mit den Unternehmen ausgehandelte Grundpreis von 2,36 Euro pro gefahrenem Kilometer viel zu teuer sei im Vergleich mit anderen Landkreisen. Außerdem kritisiert Berschin die Art, wie der Kreis Göppingen künftig die Zuschüsse vom Land für die Schülerbeförderung an die Busunternehmer ausschütten will.

Bisher wurde dieses Geld direkt vom Land an die Unternehmen ausbezahlt, in Zukunft übernimmt der Kreis die Verteilung. Da es keine direkte Vorgabe des Landes gibt, wie das zu erfolgen hat, hat jeder Landkreis ein etwas anderes Regelsystem erarbeitet. Laut Berschin sind die Göppinger Regelungen angreifbar, der Kreis setze sich der Gefahr aus, dass das Land das Geld zurückfordere. Insgesamt geht es dabei um Zuschüsse von 4,9 Millionen Euro pro Jahr.

Landrat und Verkehrsplaner widersprechen Kritiker

Das Schreiben stammt zwar vom vergangenen November, bekannt wurde es allerdings erst jetzt wenige Tage vor der Sitzung. Mit entsprechend gemischten Gefühlen gingen die Kreisräte in die Sitzung. Viele befürchteten, dass sie dem Plan, an dem man so lange gearbeitet hatte, nicht mehr zustimmen könnten. Doch der Landrat Edgar Wolff und der Leiter des Amts für Mobilität und Infrastruktur, Jörg-Michael Wienecke, konnten die Kreisräte offenbar beruhigen.

Demnach bleiben die fünf sogenannten Linienbündel, die den Nahverkehr im Kreis in fünf Bereiche aufteilen, finanziell und nach der Zahl der gefahrenen Kilometer jeweils unter dem Schwellenwert, der eine Ausschreibung nötig macht. Nur eines der Linienbündel, dabei handelt es sich um Buslinien im westlichen Filstal und Göppingen, müsse noch etwas gekürzt werden, berichtete Wienecke. Das geschehe bei einer Feinabstimmung.

Diskussion über Kilometerpreis

Der Jurist Olaf Otting von der Frankfurter Kanzlei Allen & Overy erklärte den Kreisräten außerdem, dass sie keine Rückzahlungsforderungen des Landes zu befürchten hätten. Die 4,9 Millionen Euro vom Land seien für den Kreis gedacht und würden – selbst wenn eine Prüfung ergäbe, dass den Unternehmern zu viel gezahlt worden wäre – beim Kreis bleiben.

Eine lebhafte Diskussion entspann sich über die Frage, ob 2,36 Euro pro Kilometer ein zu hoher Preis für die Busfahrten sei. Edgar Wolff wies allerdings darauf hin, dass Berschin selbst diese Zahl miterrechnet habe. Zwar gebe es Kreise, die wesentlich günstiger lägen, allerdings stelle sich die Frage, ob dort die gleichen Fahrzeuge eingesetzt und Tariflöhne bezahlt würden. Am Ende sprach sich der Ausschuss einstimmig dafür aus, der Umsetzung des Nahverkehrsplans zuzustimmen. Das letzte Wort hat nun der Kreistag am 4. Mai.

1,7 Buskilometer mehr als bisher

Linien:
Der neue Nahverkehrsplan fasst die bestehenden Buslinien im Kreis Göppingen zu insgesamt fünf sogenannten Linienbündeln zusammen: Westliches Filstal (Göppingen bis Ebersbach), Voralb (plus Bartenbach/Lerchenberg), Schurwald/Mittleres Filstal (plus Hohenstaufen/Maitis/Ottenbach), Lautertal/Geislingen-Nord und Geislingen-West. Die Buslinien werden im Wesentlichen erhalten, wie sie sind, nur auf einzelnen Strecken ändert sich etwas an der Linienführung.

Takt:
Mit der Umsetzung des Plans, voraussichtlich von Januar 2019 an, fahren alle Busse im Stunden- zum Teil auch im Halbstundentakt, und zwar von morgens um fünf Uhr an bis um Mitternacht, auch am Wochenende. Nur auf Linien, die nicht stark frequentiert sind, gilt teilweise auch ein Zweistundentakt, oder es werden, speziell am Abend, Ruftaxis statt der Linienverbindung angeboten. Insgesamt fahren die Linienbusse dann im Kreis in jedem Jahr 1,7 Millionen Kilometer mehr.

Schulbusse:
Ein großes Problem bei der Planung waren die Schulbusse. Weil es nicht möglich war, mit den Schulen eine Lösung zu finden, die den Taktverkehr und die Unterrichtszeiten unter einen Hut gebracht hätte, fahren für Schüler zum Teil zusätzliche Busse außerhalb des regulären Takts. Das ist teuer, ließ sich aus der Sicht der Planer und Kommunalpolitiker aber nicht anders lösen. Kritiker hingegen weisen daraufhin, dass dies in anderen Landkreisen möglich gewesen sei.