Über einen Videostream verfolgen die Lehrer der Musikschule das Spiel ihrer Schüler. Foto: z

Die Städtische Musikschule erprobt kreative Ideen, um Unterricht abzuhalten.

Kornwestheim - Not macht erfinderisch. Das gilt auch während der Corona-Pandemie. Und wer, wenn nicht Künstler, könnten die Chance nutzen, die Situation mit einfallsreichen Ideen zu überbrücken? Auch an der Städtischen Musikschule war man in den vergangenen Tagen und Wochen so kreativ wie noch nie, wenn auch in anderer Form als sonst, sagt Sabine Segmiller, die Leiterin.

Seit Mitte März hat die Musikschule geschlossen, um einen Beitrag zu leisten, damit sich das Virus nicht so schnell weiterverbreiten kann. Das bedeutet aber nicht, dass die rund 40 Lehrkräfte und ihre 1000 jungen Schüler seither eine Zwangspause eingelegt haben – zumindest längst nicht alle. Denn so ganz wollte man den Betrieb nicht einstellen, erklärt Segmiller. „Uns ist es wichtig, auch in dieser Zeit für unsere Schüler da zu sein. Wir wollen zeigen, dass auf die Musikschule Verlass ist“, betont sie. Schließlich würden die Kinder und Jugendlichen derzeit in ihrem Alltag auf Null gefahren. Schule, Kita, Vereinsarbeit und viele private Aktivitäten: Auf all das müssen sie derzeit verzichten. „Da wollen wir wenigstens mit etwas Musik durch die Krise kommen“, sagt die Leiterin. Das sei auch im eigenen Interesse der Städtischen Musikschule, denn eine lange Unterbrechung der Proben sei nicht ideal. „Außerdem ist Kontinuität aus pädagogischer Sicht sinnvoll.“

Doch was tun, wenn sich Schüler und Lehrer nicht mehr persönlich treffen und die Räumlichkeiten der Schule nicht genutzt werden können? Da bleiben nur digitale Wege. Viele Lehrkräfte haben sich Gedanken gemacht, wie das funktionieren könnte. Herausgekommen sind ganz unterschiedliche Ansätze. Manche bieten Videokonferenzen über diverse Internetdienste an und lassen sich auf diese Weise von ihren Schülern die Probenergebnisse vorführen. „Wobei man dabei beachten muss, dass der Ton etwas verzerrt wird“, gibt Sabine Segmiller zu bedenken. Andere geben über Telefon oder Internetchats Tipps. Und E-Mails werden ebenfalls ausgetauscht. Lehrkräfte stellen darüber Übungsaufgaben, verteilen Notenrätsel und Geschichten über Komponisten – oder versenden Videos, in denen sie etwas vorspielen. Das hat viele positive Rückmeldungen hervorgerufen.

Zwar lässt sich nicht alles auf diese Weise kompensieren. Ensemblearbeit und der Unterricht in Gruppen funktionieren so natürlich nicht, räumt die Leiterin ein. „Aber es ist ganz viel Eigeninitiative, Kreativität und Improvisation entstanden. Es ist faszinierend mitzubekommen, wie sich die Lehrer derzeit reinhängen und sogar nun fast doppelt so viel arbeiten wie sonst.“ Auch ältere Kollegen, für die der Umgang mit Internetprogrammen wie Skype bisher völliges Neuland war, legten sich ins Zeug, sagt sie.

Trotz der aktuell angespannten Lage bleibt der Spaß nicht auf der Strecke, hat Sabine Segmiller beobachtet. „Oft bekamen die Lehrer früher die Ausrede zu hören: ,Zuhause hat es besser geklappt.’ Die zählt jetzt nicht“, sagt sie schmunzelnd. Zudem entstehen immer wieder witzige Situationen, zum Beispiel wenn die Lehrerin beim Videostream nur die Unterseite eines Tisches in der Kamera sehen kann, weil das Kabel des Laptops nicht lang genug ist, damit der junge Musiker beim Spielen in die Linse schauen kann. Und nicht selten müsse noch schnell das Kinderzimmer aufgeräumt werden, damit der Lehrkraft nicht die Unordnung im Hintergrund auffallen kann, verrät die Leiterin. Allerdings hätten diese persönlichen Einblicke über die Kameras in das jeweilige Zuhause auch dazu beigetragen, dass Schüler und Lehrer noch einmal ganz anders zusammenwachsen können.

Die Teilnahme an diesem alternativen Unterricht ist freiwillig und wurde individuell mit den Familien abgestimmt. Manche seien schließlich gerade mit Existenznöten beschäftigt und hätten ganz andere Sorgen als die musikalische Ausbildung des Nachwuchses. Aber egal, ob die Onlineleistungen in Anspruch genommen wurden oder nicht: Für März hat die Musikschule die Hälfte der Gebühren den Familien zurückerstattet. Wie mit den für April abgebuchten Beträgen verfahren wird, soll nach Ostern geklärt werden. Zunächst will die Schule prüfen, wie viele junge Musiker welche Art von Unterricht erhalten haben. Momentan ist außerdem noch unklar, wie es nach den Osterferien weitergeht, in denen der Betrieb – wie sonst auch – gänzlich pausieren wird.