Die Orgel steht nun auf der Empore. Der Chorraum ist leer und bietet nun Platz für kleinere Veranstaltungen. Foto: /Jacqueline Fritsch

Die Kornwestheimer Protestanten haben nun ein Gotteshaus, das wie neu aussieht.

Kornwestheim - Es sind Tage der Freude für Horst Rüb. Der evangelische Pfarrer geht durch die Martinskirche, schaut den Handwerkern bei den letzten Feinarbeiten zu, setzt sich ab und zu an die Orgel und spielt ein paar Töne. „Alle meine Erwartungen sind weit übertroffen worden“, sagt er und strahlt. Am Sonntag darf er den ersten Gottesdienst in der frisch renovierten Kirche feiern.

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Acht Monate lang war das Innere der Martinskirche eine Baustelle – Gerüste bis hoch an die Decke, abgeklebte Böden und allerlei Werkzeug im Kirchenschiff. Das sieht nun ganz anders aus: Die Bänke stehen wieder an Ort und Stelle, der Altar ist aus seinem Schutzmantel ausgepackt, die Wände sind frisch gestrichen und die Orgel... Ja, die ist weg. Der Chorraum ist vollkommen leer. Die großen, bunten Fenster, die von der Orgel teils verdeckt worden sind, sind nun vollständig zu sehen. Der Boden des Chorraums ist abgeschliffen worden und wirkt nun viel heller. An den Fußbodenleisten wird noch ein Lichtband angebracht, das für besondere Stimmung bei musikalischen Abendgebeten im kleinen Kreis sorgen soll. Kurzum: Wo früher die Orgel stand, hat es nun viel Platz und Licht.

Orgel thront auf der Empore

Die Orgel ist aber keineswegs verbannt worden. Sie thront nun an einem offenbar besseren Ort: auf der Empore. Für etwa 85 000 Euro ist sie in Tausende Einzelteile zerlegt und am neuen Standort aufgebaut worden. Dadurch sollte sich der Klang verbessern, der bisher zu einem großen Teil im Chorbogen hängen geblieben ist. „Natürlich war es keine leichte Entscheidung, so viel Geld dafür auszugeben“, sagt Pfarrer Horst Rüb, „aber ich finde, es hat sich mehr als gelohnt.“ Nach dem Umzug ist die Orgel neu intoniert und gestimmt worden. „Es ist ein ganz neues Instrument, allein schon der Nachhall ist imposant“, sagt Rüb begeistert.

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Der eigentliche Grund für die Renovierung der Martinskirche waren Risse, die sich im Chorraum durch den Boden und die Wand zogen. Verursacht worden sind sie wohl durch zu viel Hitze, wie eine Probegrabung gezeigt hat. Unter dem Luftschacht der Kirche ist es wohl so warm, dass die Erde trocknet und sich zusammenzieht. „Es war aber nicht so schlimm, dass wir alles aufbaggern mussten“, sagt Horst Rüb. Das habe viel Geld gespart. Inklusive der Verlegung der Orgel hat die Sanierung knapp eine Million Euro gekostet. Das ist etwa hälftig aus Kirchensteuermitteln und von der Kirchengemeinde selbst bezahlt worden. Außerdem gab es einen Zuschuss vom Land in Höhe von knapp 37 000 Euro.

Auf dem Boden erkennt man noch die Risse

Die Risse sind mittlerweile zugemacht worden, auf dem Boden erkennt man noch, wo sie einst waren. Die Wand ist außerdem verstärkt worden, damit sie nicht gleich wieder einreißt. Nach 50 Jahren war in der Martinskirche aber noch mehr fällig als die Risse zu schließen und die Orgel zu verlegen. Die Wände mussten aufgeschlagen werden, um die Elektrik neu zu machen, danach sind die Wände neu gestrichen worden. Es gibt neue Lampen, die Bänke sind abgeschliffen und lackiert worden, in der Sakristei stehen neue Möbel. Für den Chorraum werden in diesen Tagen noch Stühle angeliefert und es wird eine neue Lautsprecheranlage eingebaut. „Wir mussten in den letzten Monaten viele Entscheidungen treffen“, sagt Horst Rüb, „Welche Steckdose wollen wir? Welche Möbel? Nur die Farbe für die Wand, die hat das Denkmalamt vorgegeben.“ Die Gemeinde hat sich auch noch ein E-Piano gegönnt, das neben der Orgel steht. „So muss sich der Organist nur umdrehen und kann auf dem E-Piano moderne Stücke spielen“, sagt Rüb.

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Ihren ersten Auftritt hat die neu gestimmte Orgel am kommenden Sonntag. Dann wird der erste reguläre Gottesdienst seit vergangenem Mai in der Kirche gefeiert. Gäste sollen sich beim evangelischen Pfarramt anmelden. Bei Bedarf wird der Gottesdienst ins Philipp-Matthäus-Hahn-Gemeindehaus übertragen. „Ich freue mich total, hier wieder Gottesdienst feiern zu können“, sagt Horst Rüb. Worauf er sich schon lange freut, sind aber auch kleinere Veranstaltungen im Chorraum. Abendgebete oder einfach ein gemeinsames Singen. Denn der Raum ist jetzt so leer, dass die Stimmen besser wirken können. „Wenn man hier mit fünf Leuten singt, ist das schon sehr schön. Ich möchte fast sagen: wie in einer Kathedrale“, meint der Pfarrer.

Für den Gottesdienst sind noch Plätze frei. Außerdem gibt es am Nachmittag (13.30 Uhr, 14.30 Uhr, 15.30 Uhr und 16.30 Uhr) Besichtigungstermine, für die man sich auch noch anmelden kann. Das Pfarramt ist erreichbar unter 0 71 54/72 96 oder pfarramt.kornwestheim.martinskirche@elkw.de.