Der Jugendrichter stellte das Verfahren unter Auflagen ein. Foto: picture alliance/dpa/Volker Hartmann

Vier Jugendliche lockten einen 19-Jährigen in einen Hinterhalt – angeblich ging es dabei um 100 Euro Schulden.

Kornwestheim -

 

Was sich vier Leute im Alter von 17 bis 21 Jahren in der Nähe des Kornwestheimer Jugendzentrums geleistet haben, sah vor dem Ludwigsburger Jugendgericht so aus, als hätten sie in einem Action-Thriller mitspielen wollen. Sie wollten Geld eintreiben, fuhren dazu mit zwei voll besetzten Autos vor und gingen, mit Sturmhauben maskiert und einen Baseballschläger zur Hand, auf einen 19-Jährigen los.

Die einzige, die sich in diesem Prozess von Anfang an ehrlich und geständig zeigte, war eine 17-Jährige aus Pleidelsheim. Sie war zur Tatzeit am 7. Februar 2018 gegen 17.30 Uhr die Freundin eines 21-Jährigen aus Erdmannhausen, der die ganze Geldeintreiberei initiiert hatte. Als Mittäter saßen ein 18-Jähriger aus Weil im Schönbuch und ein 21-Jähriger aus Sindelfingen auf den Anklagestühlen. Der 19-jährige Geschädigte befand sich im Kornwestheimer Jugendzentrum, als der 21-Jährige aus Erdmannhausen vorfuhr und ihn mitnahm – angeblich zum Shisha rauchen auf dem Feld und zum Gespräch darüber, dass ihm der 19-Jährige noch 100 Euro schuldet. Auf dem Feld bei einer Brücke hieß es dann, es sei Verstärkung da, bevor das Opfer von der 17-Jährigen zwei Ohrfeigen bekam und von einem der insgesamt acht jungen Männer einen Baseballschläger auf den Kopf. Der junge Herr mit dem Baseballschläger konnte vor Gericht genauso wenig zugeordnet werden wie einer, der mit der Faust zugeschlagen haben soll. Das Opfer kam glücklicherweise „nur“ mit Schmerzen davon.

„Sie waren fast alle maskiert“

Nach den Angaben der 17-Jährigen gab es ein Signalwort zum Aufbau der Drohkulisse. Wenn ihr damaliger Freund „Sippi“ sagt, so erzählte sie, sollten alle hinzukommen. Der 19-jährige Geschädigte gab als Zeuge an, dieses Wort nicht gehört zu haben. „Plötzlich kamen alle aus einem Gebüsch“, schilderte er dem Jugendrichter, Ulf Hiestermann, die bedrohliche Situation. Den 21-jährigen Erdmannhäuser kenne er schon lange, fuhr das Opfer fort, sie beide seien früher mal fast Nachbarn gewesen.

„Sie waren fast alle maskiert“, fuhr der Belastungszeuge fort. „Steh’ auf, steh’ auf, sei ein Mann“, hätten die Angreifer nach zwei Schlägen zu ihm gesagt. Den Baseballschläger habe er schon im Kofferraum von einem der beiden Autos gesehen, mit denen die Gruppe gekommen war.

Für drei der vier Angeklagten war nach dieser Zeugenaussage die Zeit für eine Entschuldigung gekommen. Der junge Mann aus Erdmannhausen zog erst später nach und meinte, das Geld, das ihm das Opfer schulde, wolle er nun nicht mehr zurückhaben.

Verfahren unter Auflagen eingestellt

Im Einvernehmen mit der Stuttgarter Staatsanwaltschaft und der Jugendgerichtshilfe beschloss der Richter, die Sache der bislang noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getretenen vier Angeklagten vorläufig einzustellen. Ganz vom Tisch ist die spektakuläre Geldeintreiberei aber erst, wenn Auflagen erfüllt sind, mit denen das Gericht die Gruppe zur Räson bringt: Die 17-jährige Pleidelsheimerin muss 30 Stunden gemeinnützige Arbeiten leisten, der 21-jährige Sindelfinger 20 Stunden. Der Erdmannhäuser muss 300 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung bezahlen, weil er schon Geld verdient, und der 18-Jährige aus Weil im Schönbuch wurde richterlich ermahnt. Er soll sich künftig aus solchen Treffen raus halten und wenn so etwas noch einmal vorkommt, sagte der Richter, dann habe es Konsequenzen.