Ein Wanderfalke im Flug Foto:  

In und um den Rathausturm lebt derzeit ein Revierpaar – doch noch ist das Weibchen nicht geschlechtsreif.

Kornwestheim - Es weht durchaus die ein oder andere Halbwahrheit durch die Stadt, was die Wanderfalken am Rathausturm angeht. Dass dort seit zwei Jahren gar keiner der Greifvögel mehr heimisch sind, ist so ein Gerücht und auch, dass das daran liege, dass Wanderfalken getötet wurden. Zum Glück gibt es einen Mann, der weiß, was da wirklich mit den flotten Fliegern am Rathausturm los ist. „Es lebt auch heute ein Wanderfalken-Pärchen im Kornwestheimer Rathaus-Turm“, berichtet Jürgen Becht, der für die Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz (AGW) die Vögel im gesamten Großraum Stuttgart betreut, beobachtet, zählt, beringt. Allerdings sei das Weibchen des „aktuellen Pärchens“ in Kornwestheim noch nicht geschlechtsreif. „Das ist der Grund dafür, dass es in diesem Jahr keinen Nachwuchs gibt“, betont Becht.

Die jüngere Geschichte der Kornwestheimer Wanderfalken geht auf das Jahr 2003 zurück. Damals wurde hoch droben am Rathausturm, der immerhin an die 50 Meter misst, ein Brutkasten angebracht. „Eigentlich war dieser für Turmfalken gedacht“, berichtet Becht. „Aber es zogen dann Wanderfalken ein.“ Man habe das gemerkt, als im Innenhof des Rathauses ein Junges gefunden wurde, in der Folge wurde die Brutstätte dann für Wanderfalken umgebaut.

Lange Jahre gab es ein Pärchen, aber ohne Brut – „ein starker, aber unfruchtbarer weiblicher Vogel hat den Platz besetzt“, erinnert sich Becht. Dann zog wiederum ein neues Wanderfalken-Paar ein, das wechsele ja immer mal. 2012, 2013 und 2014 gab es Nachwuchs – seit damals allerdings nicht mehr, wie Becht sagt.

Dass es im kommenden Jahr wieder soweit sein könnte, freut den Vogelschützer. „Dann nämlich könnte das aktuelle Weibchen geschlechtsreif werden“, berichtet er.

Wie alle heimischen Greifvögel gehört der Wanderfalke zu den besonders geschützten Vogelarten, auch deswegen kümmern sich Menschen wie Jürgen Bechtle, und in Kornwestheim beispielsweise die Mitglieder des Nabu um Bernd Mathe, engagiert um die Tiere. Besonders gefährlich können dem eher kleinen, wenn auch schnellen Wanderfalken vor allem die größeren Uhus werden, ihr natürlicher Feind.

„In Poppenweiler hat ein Uhu zugeschlagen, die dortigen Wanderfalken attackiert“, sagt Becht. „Die wanderten dann ab.“ Generell müsse man die Populationen der Vögel genau beobachten, weiß der Experte. Vielerorts sei sie rückläufig, im Landkreis Ludwigsburg sei man allerdings „ganz gut“, was die Reproduktionsrate angeht. Etwa sechs bis zehn Revierpaare gebe es in und um die Barockstadt, sagt er. Übrigens bekanntermaßen auch im Ludwigsburger Schloss: Dort ist die Situation ähnlich wie in Kornwestheim, es gibt ein Wanderfalken-Paar, aber das Weibchen ist wie in Kornwestheim noch „immature“, also noch zu jung, um Nachwuchs zu bekommen.

Viele Kornwestheimer sind jedenfalls stolz auf „ihre“ Wanderfalken im Rathausturm, wie immer wieder zu hören ist. Und das, obwohl die Tiere Einschränkungen mit sich bringen – so ist das Besichtigen des Rathausturms nicht mehr so einfach und oft möglich. „Gerade in der Brutzeit muss besondere Rücksicht auf die Vögel genommen werden“, sagt Cordula Wohnhas, Leiterin der Stabstelle Umwelt- und Klimaschutz der Stadt Kornwestheim. „Aber das wird durchaus von den meisten Bürgern akzeptiert“, betont sie.