Ertappt! Der erste Waschbär in die Stadt ist in die Fotofalle geraten. Foto: z

Was manche Anwohner schon ahnten: Ein Waschbär lebt in der Stadt. Das belegt ein Foto.

Kornwestheim - Nachts zwischen zwölf und eins tauche er in ihrem Garten auf, berichtete eine Familie in der vergangenen Woche. Der mehrfach umgeworfene Vogelfutterbehälter habe ihnen zuvor schon zu denken gegeben. Von der Terrassentüre aus sei das Tier dann zwei, drei Mal deutlich zu sehen gewesen, versicherte ein Mann, in dessen Garten Jagdpächter Thomas Glaser daraufhin eine Jagdkamera mit Infrarot installiert hat, die jetzt das Beweisfoto geliefert hat. Am Montag hat Glaser das Material gesichtet und das Tier eindeutig identifiziert: „Es handelt sich ganz klar um einen Waschbären.“ Wo er sich rumtreibt, das bittet er im Sinne der Anwohner und des Tieres nicht zu veröffentlichen.

So ungewöhnlich das klingt: Im Kreis ist der Waschbär längst angekommen. Erik Müller, Pressesprecher der Jägervereinigung Ludwigsburg, berichtet, dass in fast jedem Revier des Hegerings Waschbären heimisch seien. Besonders gerne dort, wo Siedlungen nahe sind, denn: „Waschbären sind Kulturfolger“, so Müller. In der Nähe des Menschen finden die Bären alles, was sie zum Leben brauchen – besonders in dessen Abfällen. Als Behausung dienen Scheunen oder Dachstühle. Aber: „Marder bereiten unter dem Dach mehr Probleme und Wildschweine richten insgesamt mehr Schaden an“, stellt Müller klar. Zumindest so lange die Bärenpopulation nicht überhand nimmt. Bejagt würden die Tiere jedenfalls nicht. Dafür gebe es keinen Grund, sagt Müller. Der Nutzwert beschränke sich ohnehin auf das Fell und „auch Jäger freuen sich über Artenvielfalt“. Gebe es Probleme mit Waschbären, würden diese schon mal eingefangen und weit weg verbracht.

Thomas Glaser, dem bisher noch keine Waschbären auf Kornwestheimer Markung untergekommen sind, hat ein paar Tipps parat, wie die Kornwestheimer mit dem neuen Nachbarn am besten umgehen: Die Nahrungsgrundlage der Waschbären sollte knapp gehalten werden. Füttern sollte unterbleiben, Müll- und Abfälle unzugänglich aufbewahrt werden. Eventuell müssten Mülleimer gesichert werden, damit die geschickten und intelligenten Tiere nicht an den Inhalt kommen. Mülleimer sollten auch mit Abstand zu Zäunen, Pfosten und Bäumen aufgestellt werden. Speisereste auf dem Kompost sind tabu. Und wer Hund oder Katze draußen füttert, sollte Reste am Abend wegräumen. Reifes Obst und Fallobst sollte geerntet oder aufgesammelt werden.

Bejagen hat sich bisher auch nicht als Lösung erwiesen. Durch den Jagddruck steigt nach allgemeiner Auffassung die Gebärfreudigkeit. Die Stadt ist ohnehin ein befriedeter Bereich, in dem die Jagd untersagt ist. Solange das in Kornwestheim gesichtete Tier keine größeren Probleme bereite, sollte es toleriert werden, findet Glaser. Noch sei auch nicht bekannt, ob es weitere Exemplare gebe. Wenn es sich um ein Einzeltier handele, könne es gut sein, dass es weiter ziehe, um einen Partner zu finden. Habe es sich allerdings ein Paar hier gemütlich gemacht und sei das Futterangebot ausreichend, könnten sich die Tiere auch schnell vermehren.

Andreas Fritz vom Landratsamt empfiehlt zwar, Waschbären zu vertreiben, rät aber zur Vorsicht. „Die Tiere können sehr wehrhaft sein, wenn man sie in die Enge treibt oder aus ihrem Versteck verscheuchen möchte.“ Türen, Zugänge und Katzenklappen sollten geschlossen gehalten werden. Derzeit befänden sie sich in der Jungenaufzucht, daher dürften sie momentan auch nicht eingefangen werden.

Wie viele Waschbären es im Kreis gibt, kann er nicht sagen. Eine Statistik wird nicht geführt. Vom 1. April 2014 bis 31. März 2015 wurden allerdings kreisweit sechs verendete oder erlegte Waschbären von den Jägern gemeldet. Von Bürgern wurden 2016 gerade mal zwei Waschbären gesichtet und gemeldet, wie auch in den drei Jahren zuvor.