Die Referenten Claus Munkwitz (links) und Günter Urbansky. Foto: Susanne Mathes

Das Handwerk hat gestern im Mittelpunkt des Business-Frühstücks der Wirtschaftsförderung gestanden. Referenten waren Vlaus Munkwitz und Günter Urbansky.

Kornwestheim - Auch wenn’s aus der Perspektive der Kornwestheimer Handwerker schon mitten am Tag war und daher eher Vesper- als Frühstückszeit: Die Veranstaltung im Domizil stieß auf gute Resonanz, mehr als 30 Zuhörer füllten die Tische. Ein Zuspruch, der den Ersten Bürgermeister Dietmar Allgaier und sein Team von der Wirtschaftsförderung mit Zufriedenheit erfüllte. Das Thema lässt allerdings auch kaum einen Betrieb kalt: Wie ist es um die Zukunft, um die Fachkräfte, um die Auszubildenden im Handwerk bestellt? Und wie kann man dem schrumpfenden Interesse an einer Lehre im Handwerk begegnen? In massivem Maße im Bäckerhandwerk, aber beispielsweise auch bei Klempnern, Stuckateuren oder Karosserie- und Fahrzeugbauern fehlt der Nachwuchs, erklärte Claus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. Gemeinsam mit Günter Urbansky, Mitglied der Kammer-Geschäftsleitung, zeigte er Perspektiven auf – nachdem er zunächst „im Parforceritt“, wie er einräumte, einen Überblick über die Lage in der Region gegeben hatte.

Die sei zwar vergleichsweise gut – „die Auftragsbücher sind gefüllt“ –, doch bedürfe es einiger Anstrengung, damit auch in Zukunft „familienorientierte, heimatverbundene, inhabergeführte Betriebe“ Qualität und Kompetenz im Handwerk garantieren könnten. „Wir werden älter, weniger und bunter. Das ist an sich nicht schlimm – aber man muss richtig damit umgehen“, sagte Munkwitz. Gerade das Älterwerden der Gesellschaft biete dem Handwerk ja durchaus auch Chancen, denn die Senioren hätten oft sehr individuelle Ansprüche an handwerkliche Leistungen. Nichtsdestotrotz: Irgendwer muss diese handwerklichen Leistungen erbringen. Um das Handwerk, das so vielfältige Möglichkeiten und Chancen biete, für junge Leute wieder interessanter zu machen, gingen die Kammern mit emotionaler, humorvoller, selbstbewusster Werbung an die Zielgruppe heran.

Doch das Handwerk selbst könne es nicht richten: „Unsere Gesellschaft braucht eine ganzheitliche Bildung, die lebenstüchtig macht, und Lehrer, die einen Einblick in die berufliche Wirklichkeit haben.“ Junge Leute müssen in dem gefördert werden, was sie können, nicht niedergemacht werden wegen ihrer Unzulänglichkeiten, forderte Munkwitz und ließ kein gutes Haar am „Bildungsdünkel“ mancher Politiker und „fehlgeleiteter Eltern“, die meinten, jeder Zweite müsse Abitur und einen Hochschulabschluss haben. Die Gemeinschaftsschule sei deshalb ein guter Weg – „aber nur, wenn sie wirklich einen neuen Geist des Lernens vermittelt und Herzblut darin steckt“. Viele Jugendliche bekämen heutzutage von zuhause aus zu wenig mit, besäßen keine Sozialkompetenz, wüssten auch nicht , was in ihnen stecke und hätten überdies null Ahnung von den Berufen, die es überhaupt gebe. Das produziere Frust und hohe Abbrecherquoten von rund 25 Prozent. Diese zu verhindern ist eine der Aufgabe von Günter Urbansky, der unter anderem ausbildungsbegleitende Senior-Experten anwirbt und Bildungspartnerschaften zwischen Handwerk und Schulen forciert. Gerade hier, betonten die beiden Referenten, solle sich das Handwerk nicht unter seinem Wert verkaufen und offensiv auf Schulen zugehen.

Jungen Leuten mit Migrationshintergrund, sagte Claus Munkwitz, müsse noch viel stärkere Aufmerksamkeit gewidmet und noch mehr Bildungsbeteiligung ermöglicht werden, ganz nach dem Motto: „Bei uns zählt nicht, wo man herkommt, sondern wo man hinwill“. Doch die „Mehr-Kulturalität“ sei im Lande noch nicht wirklich anerkannt. Der Handwerkskammer-Geschäftsführer forderte auch eine stärkere Willkommenskultur und weniger bürokratische Hürden für begabte junge Leute aus dem Ausland. „Ich wünsche mir auch, dass wir in Zukunft mehr Damen unterbringen und familienfreundlichere Arbeitsbedingungen schaffen“, betonte Munkwitz. „Was weibliche Fachkräfte angeht, sind manche Betriebe leider immer noch zu vorurteilsbelastet.“