„Was geht?“ Thomas D am Freitagabend beim ersten von drei Konzerten der Fantastischen Vier in Waiblingen. Foto: /Martin Stollberg

Die Fantastischen Vier spielen in Waiblingen drei große Konzerte – und geben den ausgehungerten Musikfans ein wenig Euphorie zurück.

Waiblingen - Näher schien sie lange nicht – die Zeit der großen Konzerte, Festivals, Events. Am Freitagabend geht es los, auf der Brühlwiese in Waiblingen, um 20 Minuten nach 20 Uhr. Die Schlange, die sich vor der Abendkasse bildete, ist verschwunden. 2000 Menschen füllen den ausverkauften Platz. Drei Abende in Folge werden die Fantastischen Vier in Waiblingen spielen.

 

Ein buntes, lautes Spektakel

Das Publikum hungert nach einem großen Livespektakel – und bekommt es, sehr bunt, sehr laut, mit Tempo, Energie, rund 100 Minuten lang. Smudo stellt sich und seine Freunde vor, in schneller Sprache, und schon stehen sie da, im zuckenden Licht, und singen im Chor: „Bring back the old Stuttgart Rap!“ Die Fantastischen Vier rufen abwechselnd „Stuttgart!“ und „Waiblingen!“ und stellen, gleich als Nächstes dann, die Frage „Was geht?“.

„Kultur ist das, was die Menschen in den vergangenen Monaten vermisst haben“, sagte Waiblingens Oberbürgermeister Andreas Hesky noch Minuten zuvor, als er den Abend eröffnete und sich bei der Band bedankte. Nur ein einziges Mal waren die Fantastischen Vier zuvor in Waiblingen aufgetreten – in den frühen 1990er Jahren. Auf der Brühlwiese steht das Publikum nun dicht; alle sind entweder getestet, geimpft oder genesen, die meisten tragen Maske. Viel Musik gibt es an diesem Abend, wenig Politik – ganz fehlen jedoch darf sie nicht. Die Fantas wissen, dass die Pandemie die Frage, ob man sich nun impfen lassen soll oder nicht, die Menschen stresst und entzweit. „Aber lasst euch nicht spalten von denen, die diese Differenzen nehmen und gegen uns verwenden wollen. Scheiß auf die Populisten!“, rufen sie von der Bühne.

Das erste große Konzert seit zwei Jahren

Darum heißt der Song „Populär“ nun „Populist“. Michi Beck, Thomas D. und Smudo spucken diese Silben schärfer aus, und überhaupt wirkt die Musik der Fantastischen Vier kräftiger, härter als oft zuvor, bricht manchmal eine rockige Gitarre aus dem Fluss der Beats aus. Auf der Bühne werden sie begleitet von Schlagzeug, Percussion, Bass, Gitarre Keyboards; And.Ypsilon steht etwas erhöht hinter den Rappern an seinen Geräten.

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Zwei Jahre lang haben die Fantastischen Vier nicht mehr im großen Stil gespielt. „Mit Ausnahme von vier Strandkorbkonzerten, aber das war mit dem hier nicht zu vergleichen, zumindest nicht für uns.“ Für das Publikum sicher auch nicht. Die Euphorie ist gewaltig. Etliche Fans tragen Band-T-Shirts, etliche tanzen, als gäbe es kein Morgen. Die Bühne wird zur Rechten und Linken von Leinwänden flankiert, auf denen die Show im dezenten Schwarz-Weiß zu sehen ist, mit wogendem Vorhang und futuristischem Bandlogo im Hintergrund. Die eigentliche Bühne flackert im dunkelblauen Licht. Die Rapper sind ständig in Bewegung, die Mikros dicht an den Lippen. Thomas D. reckt einen Arm hoch, das Publikum nickt mit all seinen Köpfen.

Die Euphorie ist gewaltig

Natürlich spielen sie alle ihre Hits, auch jenen einen, der, das behaupten sie selbst, vielleicht der umstrittenste Song der deutschen Hip-Hop-Geschichte ist: „Die da?!“ Manch einer, das wissen sie, fragte sich, ob dieser Song überhaupt noch Hip-Hop sei, seinerzeit, vor 29 Jahren, als die Fantastischen Vier ihren ersten großen Hit hatten, den kommerziellen Durchbruch feierten, der ihnen auch Neider brachte.

Noch einmal pfeifen sie sich was und tauschen aufgeregte Meinungen aus über Frauen in dicken Pullovern. Es ist Freitagabend, und dennoch sind sie alle da. Gleich beginnen die Fantas kurios zu schwäbeln, weil sie in Waiblingen spielen, und auch sonst werden die Musiker, von denen einige ja längst in anderen großen Städten leben, an diesem Abend oft vom Dialekt der Heimat ergriffen. Dann aber groovt das Keyboard, und der mehrstimmige Sprechgesang erzählt vom „Picknicker“.

Es ist Freitagabend, alle sind sie da

Melodiös, mit leichtem Soulfeeling geht es weiter, die Fantastischen Vier singen „Gebt uns ruhig die Schuld, den Rest könnt ihr behalten“, ziehen das Tempo wieder an bei „Ernten was wir säen“. Klänge schichten sich, ein Rauschen schleicht sich an, der Beat setzt ein, und die Fantas nehmen ihre Fans einmal mehr mit zum sehr entspannten Spaziergang, an einem „Tag am Meer“. Und Thomas D. rappt schließlich sein philosophisches Stück „Der Krieger“. „Letztes Jahr bei den Strandkorbkonzerten fühlte sich das noch komisch an“, sagt er. „Aber heute ist es genau die richtige Zeit, der richtige Ort.“

Elf Jahre sind vergangen, seitdem die Fantastischen Vier heiter reimten: „Ich wollt noch ‚Danke‘ sagen, doch / ich lieg im Krankenwagen, noch / woll’n sie mich zwangsbeatmen, doch / bald ist alles aus und vorbei.“ Ein Lied, das sich heute vielleicht als hellseherischer Galgenhumor entpuppt. Bevor sie verschwinden, rufen die Fantas ihren Fans noch ein kurzes „Bleibt gesund!“ zu.

Die Fantastischen Vier live in Stuttgart

Termine
  Die beiden Konzerte in der Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart, die ursprünglich im Juni 2021 stattfinden sollten, wurden auf den 1. und 2. Juli 2022 verlegt. Im Vorprogramm treten DJ Thomilla, Gentleman und Flo Mega auf.

Tickets
 Zurzeit sind für beide Konzerte in Stuttgart wieder Tickets erhältlich. Infos unter: www.diefantastischenvier.de.