Die Band hat ein famoses Konzert im ausverkauften Scala gespielt. Foto: Simon Granville

Die Indierocker begeistern zum Auftakt ihrer Clubtour das Publikum im Scala. Dass die Band überhaupt wieder auf der Bühne steht, ist nicht selbstverständlich.

Wenn man regelmäßig im Proberaum akribisch an Songs feilt und dann auch noch häufig in engen Tourbussen aufeinandersitzt, passiert es leicht, dass man sich irgendwann gegenseitig auf die Nerven geht. Diese Erfahrung haben so oder so ähnlich auch die Sportfreunde Stiller gemacht. Jedenfalls stimmte die Chemie bei dem Trio nicht mehr, und die Indierocker aus Bayern legten ihre Gruppe mehrere Jahre auf Eis. Vor einigen Monaten raufte sich die Band aber wieder zusammen – und geht nun sogar wieder zusammen auf Tour. Ein absoluter Glücksfall.

Feines Händchen bei der Songauswahl

Das zeigte sich beim Auftakt ihrer Tournee am Freitagabend im ausverkauften Ludwigsburger Scala. Dort stellten Sänger und Gitarrist Peter Brugger, Schlagzeuger Florian Weber sowie Bassist Rüdiger Linhof unter Beweis, dass die Sportfreunde Stiller zurecht zu den besten Live-Acts im deutschsprachigen Raum gezählt werden. Mit unbändiger Spielfreude zündeten die Endvierziger ein Hitfeuerwerk, brachten die rund 800 Zuhörer fast sämtlicher Altersklassen schon nach wenigen Stücken zum Mitsingen und Mitklatschen. Auch bei der Songauswahl demonstrierte die Formation ein feines Händchen. Die Band präsentierte eine gelungene Mischung aus Klassikern, seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr live präsentierten Titeln und Material vom für November angekündigten neuen Album – das sofort zündete.

Erste Single mit Schwächen

Vor allem das schmissige „Spektakulär“, das die Rockformation im Zugabenteil platzierte, hat das Zeug zum Dauerbrenner. Nicht ganz so stark dagegen „I’m Alright!“, die erste Singleauskopplung zur kommenden Platte. Die sprechgesangartigen Passagen von Brugger wirken hier eher ungelenk.

Nachdenkliche Zeilen

Wahrscheinlich fehlt „Wir stellen einen Wächter“ musikalisch ebenfalls das gewisse Etwas, um sich perspektivisch als fester Bestandteil der Setlist zu etablieren. Gleichwohl gehört das Stück zu den wichtigsten, die die Sportfreunde Stiller je geschrieben haben. In Anlehnung an einen drunter leidenden Freund der Band handelt der Song von Depressionen. Frontmann Peter Brugger beschreibt in eindrücklichen Bildern die Antriebslosigkeit, singt von den schmutzigen Klamotten zwischen Fastfoodresten in der Wohnung, aber auch davon, dass man den Betroffenen die Hand reichen und sie nicht alleine im Regen stehen lassen sollte.

Eine zu selten gestellte Frage

Überhaupt werden die Sportfreunde Stiller in Sachen Lyriks manchmal unterschätzt. Das mag daran liegen, dass ihnen der Durchbruch bei der breiten Masse mit dem eher plumpen Fußballsong „54, 74, 90, 2006“ gelang, den sie zum Glück im Scala nicht auspacken. Doch die Beiläufigkeit, mit der Brugger beispielsweise beim Song „Siehst Du das genauso?“ mit der viel zu selten gestellten Frage „Wie geht’s Dir eigentlich?“ auf den Punkt kommt, ist grandios.

Melodien für Millionen

Und natürlich, das hat auch der Auftritt im Scala unterstrichen, wird der Sänger wohl nie bei „The Voice of Germany“ die Nase vorne haben. Dazu fehlt ihm stimmlich die Bandbreite. Aber das ist egal. Dafür haben die Sportis, wie sie liebevoll von ihren Fans genannt werden, auch in Ludwigsburg Melodien im Gepäck, nach denen sich andere die Finger lecken würden. Songs wie „Applaus, Applaus“, „Das Geschenk“ oder „Ein Kompliment“, das die Band im Scala aus einem herrlich chaotischen Feedback-Gewitter heraus entwickelt, kennt fast jedes Kind – und sorgen zwei Stunden lang für allerbeste Stimmung und Unterhaltung.