Beim Kongress Raumwelten geht es um neue Formen der Gestaltung und der Kommunikation. In diesem Jahr öffnet sich der zunächst für ein Fachpublikum konzipierte Kreativtreff erstmals verstärkt für eine breite Öffentlichkeit.
Ludwigsburg - Die skurrile Erscheinung des Pavillons auf dem Akademiehof steht im Prinzip sinnbildlich für das, worum es beim Kongress „Raumwelten“ geht: um Kreativität und Innovation, um Inszenierung, Gestaltung und Kommunikation. Die Tagung für Szenografie, Architektur und Medien in der kommenden Woche richtet sich zwar in erster Linie an ein Fachpublikum aus Wirtschaft, Wissenschaft, Architektur und Kreativszene. Doch im Vorfeld gibt es erstmals auch explizit zahlreiche Angebote für die breite Öffentlichkeit.
Denn man will die „Raumwelten“ stärker in der Stadt verankern: „Es ist uns ein Anliegen, die Bürger mitzunehmen“, sagt Dittmar Lumpp, kaufmännischer Geschäftsführer der gemeinnützigen Film- und Medienfestival Gesellschaft, die den Kongress veranstaltet. Schließlich sollten sie verstehen können, worum es bei dem Thema Kommunikation im Raum geht. Dieses kann das auf den ersten Blick zwar durchaus als etwas sperrig bezeichnet werden, doch letztlich dürfte es viele Menschen im Alltag betreffen. So geht es in diesem Jahr bei dem Kongress vor allem um das Verhältnis zwischen virtuellen und realen Räumen.
Dabei liegt der Fokus auf der Entwicklung des Internethandels und auf der Frage, wie sich dieser auf die Erscheinung stationärer Läden auswirkt. Aber auch über andere Bereiche wie beispielsweise neue Formen der Vermittlung von Inhalten im Museum wird diskutiert.
Pneumatischer Pavillon im Mittelpunkt
Im Zentrum der Raumwelten steht der pneumatische Pavillon, der seit einigen Tagen wie ein Ufo auf dem Akademiehof steht. Schon die Konstruktion an sich ist ungewöhnlich: Das Gebilde besteht aus einer 100 Kilogramm schweren, eigens in Japan angefertigten Membran, die mit Luft befüllt wurde. Das Konstrukt wird nur aufrecht erhalten, weil über Lüftungen stets für einen Überdruck im Innenraum gesorgt wird. Betreten werden kann der Pavillon deshalb nur über zwei Schleusen, die keine Luft nach außen entweichen lassen. Zudem wird der zeltartige Bau entlang der Wände mit zig Säcken voller Kieselsteine beschwert, damit er nicht abhebt.
In diesem Pavillon findet ein Großteil der öffentlichen Veranstaltungen statt. Schon jetzt ist der Raum täglich geöffnet. Neben einem kleinen Café und verschiedenen Sitzmöglichkeiten sind hier schon zwei interaktive Installationen zu nutzen. Beim Kooperationsprojekt „Vernetzt“ von Kunsthochschulen und den NibelungenFestspielen Worms kann die Nibelungen-Sage mit Hilfe einer sogenannten Oculus-Rift-Brille ganz neu erlebt werden. Denn der Betrachter entscheidet bei dem 360-Grad-Video selbst, welche Szene er gerade betrachten will. Die 3D-Akustik-Installation „Soundlife Ludwigsburg“ hingegen präsentiert eine Collage aus Geräuschen in der Stadt, die der britische Musiker Martyn Ware erstellt hat.
Zahlreiche Aktionen sollen Bürger locken
Die kommenden Tage stehen zudem jeweils unter einem speziellen Motto. Dieses heißt am Donnerstag, 5. November, „space for love“ (Raum für Liebe): Bei einer Fotobox-Aktion können Paare ihre Liebesnachricht in die Welt schicken. Bei „space for innovation“ (Raum für Innovation) am Freitag, 6. November, werden interaktive Kreativ-Workshops angeboten, während der Pavillon am Samstag, 7. November, zum „space to listen“ (Raum zum Hören) wird. Dabei präsentierten etwa 20 regionale Musiker, Bands und Autoren von 11 bis 23 Uhr eigene Werke. Bei dieser Benefiz-Veranstaltung werden Spenden gesammelt, mit denen Sportgeräte für Flüchtlingsheime angeschafft werden sollen.
Ganz dem Nachwuchs gewidmet ist der Pavillon unter dem Motto „space for children“ (Raum für Kinder) am Sonntag, 8. November. Dann wird eine Auswahl der besten Zeichentrick- und Animationsfilme für Kinder gezeigt, die dieses Jahr am Internationalen Trickfilm-Festival in Stuttgart im Programm waren. Beim „space of sound“ (Raum der Klänge) am Samstag, 14. November, gibt es Gespräche mit den Musikern Martyn Ware und Heiko Maile (Camouflage), sowie am Abend Impulsvorträge zum Thema Sound und danach eine DJ-Performance von Martyn Ware.
Besonders stolz sind die Macher der „Raumwelten“ auf das Event zum Kongressauftakt. Denn erstmals wird in diesem Rahmen der Kreativpreis Famab-Award in der MHP-Arena verliehen. „Das bringt uns eine ganz andere Wahrnehmung“, freut sich Dittmar Lumpp.
Biennale der Szenografie
Prinzip
Die „Raumwelten“ sind als Biennale der Szenografie konzipiert. Diese versteht sich als die Kunst der Inszenierung im Raum. Dabei kann es sich sowohl um reale Räume wie etwa auf Messen oder in Museen handeln als auch um virtuelle Räume – etwa eine Verkaufsplattform im Internet. Die „Raumwelten“ werden von der Film- und Medienfestival gGmbH veranstaltet, die auch das Internationale Trickfilmfestival in Stuttgart verantwortet. Die „Raumwelten“ finden bereits zum dritten Mal in Ludwigsburg statt.
Kongress
Bei der Fachtagung geht es um die drei Bereiche Wirtschaft, Kunst und Forschung sowie Talente. Bei Letzterem treffen Studenten auf führende Unternehmen der Branche, damit sich beide Seiten austauschen können. Neben den Vorträgen und Workshops gibt es auch zwei Theater- und Filminszenierungen, die nicht nur dem Fachpublikum, sondern auch der Öffentlichkeit zugänglich sind.