Mit Aufmärschen demonstrieren die türkischen Osmanen Germania und kurdischen Bahoz ihre Macht in der Stadt. Nun wird ein Auto vor einer Gaststätte angezündet, die Gewaltspirale droht sich weiter zu drehen.
Ludwigsburg - In der Nacht auf Sonntag hat der Konflikt zwischen dem türkischen Rockerclub Osmanen Germania BC und den kurdischen Bahoz eine neue Eskalationsstufe in Ludwigsburg erreicht: Ein schwarzer Range Rover wurde vor der Gaststätte Passione im Stadtteil Oßweil angezündet. Die Feuerwehr wurde um 21.57 Uhr alarmiert, die Flammen schlugen beim Eintreffen an das Dach des Lokals. Der Wagen brannte aus und war schwer zu löschen, es entstanden gut 25 000 Euro Schaden.
Einmal mehr wird damit Ludwigsburg die Bühne für einen Machtkampf zwischen der kurdisch geprägten Gruppe Bahoz, den Nachfolgern der 2013 verbotenen Gang Red Legion, und dem türkischen „Boxclub“ Osmanen Germania BC. Nach Aufmärschen am Dienstag in Stuttgart ist eine Gruppe am Donnerstag durch Ludwigsburg gezogen, die Polizei hat Platzverweise erteilt. Bei dem angezündeten Auto vermuten Polizei und Staatsanwaltschaft vermuten Brandstiftung und dass die Tat zu dem Konflikt der Rockerbanden gehört.
In dem von einem Türken geführten Lokal sollen, wie vor Ort zu hören ist, Anhänger der Osmanen sich des Öfteren getroffen haben. Am 6. November sind mehrere Männer mit Baseballschlägern in dem Gasthaus aufgetaucht, die Bahoz zugerechnet werden, und haben Drohungen ausgesprochen. Das angezündete Auto lässt sich als weitere Warnung an die türkischen Rivalen werten. Der Besitzer könnte auch eine Rolle in dem Konflikt spielen.
Auch in Stuttgart zünden Kurden ein Auto an
Ein ähnlicher Fall hat sich am Wochenende in Stuttgart ereignet: Die Polizei hat in der Heilbronner Straße am Montag fünf Verdächtige zwischen 20 und 28 Jahren festgenommen, sie sollen in dem türkischen Stadtviertel Mauserstraße in Feuerbach am Wochenende einen VW Caddy angezündet haben. Sie sind den Beamten bei einer Kontrolle aufgefallen. Auch diese Tat wird dem Konflikt zwischen türkischen Osmanen und kurdischen Bahoz zugerechnet.
Der Polizei macht vor allem die politische Dimension Sorgen – parallel zum verschärften Konflikt in der Türkei zwischen der Erdogan-Regierung und der kurdischen PKK. Darauf lässt auch ein Post auf der Facebook-Seite des Stuttgarter Osmanen Germania BC schließen, der sich an die Kurden richtet: „Was denken diese Penner eigentlich wer sie sind? Hört auf mit Machtdemonstration und macht sie platt, bevor diese wieder feige Angriffe auf euch ausüben.“ Den Bahoz-Anhängern wird dabei Nähe zur PKK unterstellt.
Ein anderer Osmanen-Anhänger schreibt auf deren Facebook-Seite: „Diese Hurensöhne haben einfach keine Ehre.“ Am 31. Oktober wurde ein Bild eines Mitglieds mit Osamenen-Germania-T-Shirt unter der Überschrift „Gruß aus Ludwigsburg“ gepostet, der offenbar vor einem Geschäft mit Nähe zu den Kurden mit dem Rücken zur Kamera posiert. „Schön, dass ihr in LB aktiv seid. Zeigt es diesen PKK-Missgestalten“, kommentiert ein türkischer Anhänger. Zudem wird bei den Stuttgarter Osmanen das Clubmotto zelebriert: „Wenn sie hinter dir stehen, gewähre ihnen Schutz. Wenn sie neben dir stehen, erweise ihnen Respekt. Wenn sie gegen dich stehen, zeig keine Gnade!“
Der Konflikt schaukelt sich schon seit 2009 hoch. Damals standen die türkischstämmigen Black Jackets im Fokus, die in Remseck ein Clubhaus betrieben. Nach einer Verhaftungswelle im Jahr 2011 wurde der Black-Jackets-Ortsclub aufgelöst, Teile gingen in den Osmanen Germania BC auf.
Nachfolger von Black Jackets und Red Legion
Auf der Gegenseite halten die Kurden im Kreis Ludwigsburg eine starke Präsenz. Bis 2013 traten sie als Red Legion auf, deren „Präsident“ wohnt im Kreis Ludwigsburg. Er wurde zwar verurteilt und sollte 2015 abgeschoben worden, durfte jedoch bleiben, weil er angab, seine kranke Mutter zu pflegen. Aus den Resten der Red Legion hat sich die Gruppe Bahoz gegründet.
„Beide Seiten wollen mit Aufmärschen ihre Macht demonstrieren“, erklärt Peter Widenhorn, der Sprecher der Ludwigsburger Polizei. Im März 2015 eskalierte der Streit in der Region. In Stuttgart kam es zu Großaufmärschen, 50 Polizisten wurden verletzt. Die Straßen wurden abgeriegelt, woraufhin 150 Anhänger durch Ludwigsburg zum Arsenalplatz marschiert sind.
Diese Szenen wiederholen sich in regelmäßigen Abständen, zuletzt im April, als ein Mann bei einer Schlägerei in Stammheim lebensgefährlich verletzt wurde, drei Kurden wurden verhaftet. Auch dieser Streit verlagerte sich nach Ludwigsburg.