Selbst dem treuesten Fan dürfte dämmern, dass es bei der WM in Katar nur einen Sieger geben wird, aber ziemlich viele Verlierer Foto: EPA FILE

Es bleibt das ungute Gefühl, dass die Fußball-WM in Katar in etwa so sinnvoll ist wie eine alpine Ski-Weltmeisterschaft auf der Stuttgarter Weinsteige. Aber was kümmern die Rahmenbedingungen einen Spielmacher wie Sepp Blatter und seine Mitstreiter?

Stuttgart - Vielleicht haben die Herren des Fußballs ja an völlig neue Möglichkeiten der Vermarktung gedacht, als sie die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in den Wüstenstaat Katar vergeben haben. Weil es zur üblichen Turnierzeit im Juni so heiß ist, dass man kein Kamel auf die Straße treibt, hat der Weltfußballverband (Fifa) jetzt entschieden, dass im November und Dezember gekickt wird. Weil das Finale der Winterspiele kurz vor Heiligabend steigt, kann man die Weihnachtsmärkte gegen saftige Lizenzgebühr mit den Bildschirmen eines Fifa-Sponsors ausstatten. Unter der Sprungschanze von Oberstdorf steigt ein Public Viewing mit der Schneebar des offiziellen WM-Getränkelieferanten. Und als Überraschungsgast wird der seit 24 Jahren amtierende Fifa-Präsident Joseph S. Blatter (86) mit dem Rentierschlitten ins Stadion gefahren.   Bis dahin bleibt aber das ungute Gefühl, dass die Fußball-WM in Katar in etwa so sinnvoll ist wie eine alpine Ski-Weltmeisterschaft auf der Stuttgarter Weinsteige. Aber was kümmern die Rahmenbedingungen einen Spielmacher wie Sepp Blatter und seine Mitstreiter? Klima-Probleme, Sklaven auf den WM-Baustellen, Unterbrechung der Liga-Spielzeiten in Europa? Alles halb so schlimm! Hauptsache, die Kassen klimpern.   Selbst dem treuesten Fan dürfte dämmern, dass es bei der WM in Katar nur einen Sieger geben wird, aber ziemlich viele Verlierer. Und zu denen zählen all jene Sportarten, die nicht so reich und mächtig sind wie der Fußball. Als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, haben sie ihre Terminkalender nach den eigentlichen Göttern auf dem Olymp des Sports zu richten. Eine Frechheit. Und ein grober Verstoß gegen Werte, die auch dem Fußball seine ursprüngliche Legitimation gaben: der Gedanke von Fair Play, Solidarität und Loyalität. Aber wer mag daran noch ernsthaft glauben?

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