An Merkels Kurs regt sich Kritik in der CDU Foto: dpa

Die CDU ist die Partei Ludwig Erhards und der sozialen Marktwirtschaft. Aber ihr wirtschaftliches Profil hat unter der Führung der Kanzlerparteichefin gelitten.

Berlin - Um es vorwegzunehmen: Nein, Friedrich Merz wird auch dieses Mal nicht zurückkehren, um die CDU oder sonst irgendjemanden zu retten. Lediglich zu einem von 40 Mitgliedern in einer von drei Programmkommissionen seiner Partei ist der frühere Unionsfraktionschef berufen worden. Und hat in dieser Funktion einen Vortrag gehalten über digitale Themen. Das war’s dann auch schon. Die Tatsache, dass Gerüchte über ein Comeback des reformfreudigen Sauerländers wie seit bald einem Jahrzehnt auch jetzt wieder zu Schlagzeilen voller Heilserwartungen führen, zeigt vor allem eins: Sein Name ist zu einer Chiffre geworden für all das, was der Partei Angela Merkels fehlt. Das ist – vor allem anderen – ein klares wirtschaftspolitisches Profil.

Weil die allgemein freudige Erwartung, die sich mit dem Namen Friedrich Merz verbindet, kein neues Phänomen ist, muss die Kanzlerparteichefin nicht wirklich beunruhigt sein. Dennoch erwischt das Geraune Merkel zum ungünstigen Zeitpunkt. Jahrelang durfte sich die Kanzlerin im Glanz der robusten deutschen Konjunktur sonnen. Inmitten der kriselnden Euro-Zone schien die Bundesrepublik ein unerschütterlicher Hort der Stabilität zu sein. Doch nun trüben sich die Aussichten ein. Experten erwarten für die nahe Zukunft nur noch ein Miniwachstum für Deutschland, das im ungünstigsten Fall jahrelang anhalten könnte. Jetzt rächt sich, dass die Große Koalition unter Merkel bisher nichts anderes getan hat, als teure Geschenke auf den Weg zu bringen – vom Mindestlohn bis zur Mütterrente und zur abschlagsfreien Rente mit 63.

Wie man Europas Wachstumslokomotive dauerhaft unter Feuer hält? Rezepte dafür haben Union und SPD in den fetten Jahren, in denen die Steuereinnahmen rekordverdächtig sprudelten wie noch nie, nicht erarbeitet. Das kann man nur sträflich nennen. Die Verantwortlichen erkennen jetzt ihr Versäumnis, entsprechend gereizt ist die Stimmung in der Großen Koalition neuerdings. Der exemplarische Streit um die schwarze Haushaltsnull fördert längst vergessene Konfliktmuster zutage. Wo die Roten wie in alten Zeiten frische Steuermilliarden für Konjunkturprogramme fordern, da besinnen sich die Schwarzen auf die Kräfte der Marktwirtschaft, die es durch mutige Reformen zu stärken gelte.

Genau an diesem Punkt kommt Merz ins Spiel. Aber der 60-Jährige, der den Deutschen einst zur Steuererklärung auf dem Bierdeckel verhelfen wollte, verdient längst als Anwalt sowie gefragter Aufsichtsrat sein Geld und ist eben kein Hoffnungsträger für die CDU. Er hat der Union den Rücken gekehrt, genauso wie der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch. Auch nur annähernd gleichwertige Nachfolger haben sich unter Merkel nicht gefunden. So ist es eine Tatsache, dass es in der Partei Ludwigs Erhards und der sozialen Marktwirtschaft kein einziges wirtschaftspolitisches Schwergewicht mehr gibt. Dass nun junge Nachwuchskräfte um die 30, die als Gruppe „CDU 2017“ auftreten, den Finger in die Wunde legen und Reformen anmahnen, ist bezeichnend.

Die Jahreszahl 2017 kommt nicht von ungefähr. Sie verweist auf die nächste Bundestagswahl, der die Union angesichts der Erfolge der AfD mit wachsendem Unbehagen entgegensieht. Die Newcomer schicken sich nicht nur an, die FDP zu beerben. Sie werben mit ihren klassisch marktliberalen Positionen auch um Wähler, die sich von der Merkel-CDU nicht mehr gut vertreten fühlen. Dass prominente Vertreter des Mittelstands inzwischen offen mit der AfD sympathisieren, ist ein Alarmzeichen, das die Union nicht übersehen sollte.