In Zeiten von Nullzinsen ist ein kostengünstiges Vorsorgekonzept eine feine Sache. Foto: dpa

Zu wenige Sparer nutzen die staatlich geförderte Altersvorsorge. Die Riester-Rente erfüllt nicht die Erwartungen – etwas Neues muss her, meint unsere Kommentatorin.

Stuttgart - „Wir haben Besseres verdient“, skandieren junge Menschen. Sie gehen auf die Straße, errichten Barrikaden und protestieren lautstark gegen einen Gesetzentwurf zur Flexibilisierung des Arbeitsmarkts. Aufgeweichter Kündigungsschutz, weniger Abfindung für Entlassene, längere Wochenarbeitszeit? Nicht mit uns, schallt es den Regierenden entgegen. Wo? In Frankreich. In Deutschland sind solche Proteste schwer vorstellbar. Hier konnte zu Beginn des Jahrtausends die Regierung massive Einschnitte in die künftige Rente beschließen, ohne dass es einen Aufstand gab. Dabei treffen die Rentenkürzungen die Menschen ungleich härter.

Klar: Für die betroffenen Arbeitnehmer ist die Rente noch weit weg, und die Einschnitte sind noch nicht spürbar. Wenn man in der Badewanne sitzt und der Kaltwasserhahn tropft, merkt man das auch nicht sofort, beschreibt ein Rentenexperte trefflich die Lage. Doch irgendwann sitzt man im kalten Wasser. Das kalte Wasser ist die drohende Altersarmut, von der in Expertenkreisen immer öfter die Rede ist. Noch sind die Zahlen derer, die im Alter auf Grundsicherung angewiesen sind, gering – auch wenn jeder Fall einer zu viel ist. Doch diese Zahlen werden steigen. Was vielen bis heute nicht klar ist: Die gesetzliche Rente ist mit den zurückliegenden Kürzungen auf eine Basisversorgung zurückgestuft worden, sie sichert künftig nicht mehr den Lebensstandard.

Deshalb ist es gut, wenn heute über die Deutschlandrente gesprochen wird. Die Idee, mit der drei hessische Minister kurz vor Weihnachten ums Eck kamen, ist noch kein ausgefeiltes Konzept. Aber sie rückt das Thema in den Blickpunkt. Das ist dringend notwendig. Die Kürzungen bei der Rente sollte die private, aber staatlich geförderte Riester-Rente ausgleichen. Doch nach 15 Jahren muss man feststellen: Riester ist gescheitert. Das spricht nicht gegen den einzelnen Riester-Vertrag. Doch viel zu wenig Menschen nutzen dieses Angebot. Statt der angepeilten 30 Millionen erhalten nur 6,4 Millionen die volle Zulage. Die Riester-Rente ist kompliziert, und die Zulagen gehen häufig für die Vermittlerprovision drauf. Etwas Neues muss her.

Raus aus der Expertenecke

Weit ausgefeilter ist das Vorsorgekonto, an dem die baden-württembergische Rentenversicherung schon seit Jahren tüftelt. Die Idee ist wert, ernsthaft geprüft zu werden: Die Gesetzliche Rentenversicherung verwaltet streng getrennt von der Rentenkasse für den, der vorsorgen möchte, ein Vorsorgekonto. Dort hat er wenige Möglichkeiten, einen Betrag anzusparen – ohne teure Provisionskosten. Die Rendite ist nicht spitze, aber sicher. Ziel ist, mit dem Betrag die Abschläge auszugleichen, die anfallen, wenn man nicht erst mit 67 oder womöglich 70 in Rente gehen möchte. In eine ähnliche Richtung geht der Vorschlag der Verbraucherzentralen, die sich mit einem staatlichen Vorsorgefonds an dem orientieren, was in skandinavischen Ländern funktioniert.

Es ist wichtig, dass diese Konzepte auf den Prüfstand kommen und am Ende das Beste aus allen zum Tragen kommt. Die ergänzende Altersvorsorge muss endlich raus aus der Expertenecke und zum Thema für die Massen werden. Niemand sollte erwarten, dass Kürzungen bei der Rente rückgängig gemacht werden. In wenigen Jahren kommen die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter. Immer weniger Erwerbstätige werden immer mehr Rentner finanzieren. Wer in der Lage ist vorzusorgen, kann Abschläge zurückkaufen. In Zeiten von Nullzinsen ist ein kostengünstiges Vorsorgekonzept eine feine Sache. Nach dem Arbeitsleben sollte man nicht jeden Cent zweimal umdrehen müssen: Wir haben Besseres verdient.

s.marquard@stn.zgs.de