Ob die Erzieherinnen mit dem Tarifkompromiss zufrieden sind, muss sich noch zeigen Foto: dpa

Gewerkschaften und Arbeitgeber haben sich am Mittwoch in Hannover im zähen Tarifstreit um Gehaltserhöhungen für Erzieherinnen und Sozialarbeiter geeinigt. Der jetzt erzielte Kompromiss wertet die Erzieherberufe aber kaum auf, kommentiert Steffen Rometsch.

Stuttgart - Besorgte Eltern atmen auf: Die Einigung ist da, es droht kein neuer Kita-Streik – wenn die Gewerkschaftsmitglieder dem ausgehandelten Kompromiss zustimmen. Warum sie dies jetzt tun sollten, nachdem sie das Ergebnis der Schlichtung im August noch abgeschmettert haben, ist jedoch schwer ersichtlich. Denn die jetzt erzielte Einigung liegt nur neun Millionen Euro über dem Schlichter-Ergebnis – macht bei 240 000 Beschäftigten im Schnitt gerade einmal ein Plus von 3,12 Euro pro Kopf im Monat. Wie Verdi-Chef Frank Bsirske dies seinen Mitgliedern als Erfolg verkaufen will, bleibt noch sein Geheimnis.

Zumal der Kompromiss teuer erkauft ist: Zwar profitieren vor allem junge Erzieherinnen von dem Ergebnis. Allerdings setzten die Arbeitgeber durch, dass bei einem Stellenwechsel frühere Berufsjahre nicht angerechnet werden müssen. Angesichts der überdurchschnittlich langen Laufzeit des Abschlusses werden sich die Kämmerer der Kommunen zufrieden zurücklehnen – sie haben für die nächsten fünf Jahre Planungssicherheit.

Das Kernproblem ist ohnehin nicht gelöst: die Aufwertung der gesellschaftlich immer wichtiger werdenden Sozial- und Erziehungsberufe. Erzieherinnen haben eine vierjährige Ausbildung hinter sich. Doch sie bekommen in der Regel keine Ausbildungsvergütung und müssen für ihre Berufsfachschulen auch noch bezahlen. In jedem anderen Beruf würde man von Ausbeutung sprechen.

Die Quittung könnte den Arbeitgebern schon bald ins Haus flattern. Infolge der enormen Flüchtlingsströme werden immer mehr Kinder aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea in den Kitas Einzug halten. Dies wird die schon bestehende Personalnot massiv verschärfen. Die jetzt erzielte Einigung ist daher allenfalls ein Anfang.