ZF-Aufsichtsratschef Giorgio Behr tritt zurück Foto: ZF Friedrichshafen

Der Rücktritt des ZF-Aufsichtsratschefs ist kein gutes Signal und verstärkt die Unruhe bei dem Autozulieferer aus Friedrichshafen, meint unsere Redakteurin Imelda Flaig.

Stuttgart - Eigentlich sollte man meinen, dass die Autozulieferer wahrlich genug Herausforderungen haben, müssen sie sich doch für gewaltige Umbrüche in Sachen E-Mobilität, autonomem Fahren und Vernetzung fit machen und all ihre Kräfte bündeln. Da kommt so ein Machtkampf wie bei ZF zur Unzeit. Dass der Aufsichtsratsvorsitzende Giorgio Behr jetzt nicht einmal die Frist für den geordneten Rückzug abwartet, sondern wenige Wochen vorher den Bettel hinschmeißt, spricht Bände. Von Unstimmigkeiten zwischen Aufseher, Eigentümer und Konzernlenker zu sprechen, scheint da wohl eher untertrieben. Bei dem Autozulieferer vom Bodensee knirscht es gewaltig im Getriebe.

Drei Strippenzieher sind sich uneins

Die drei Strippenzieher sind sich uneins. Da gibt es den Vorstandschef Stefan Sommer, der den Autozulieferer mit der erfolgreichen Übernahme von TRW auf Platz fünf der Weltspitze katapultierte und mit weiteren Milliardenübernahmen technologisch noch fitter machen will. Dann gibt es den Aufsichtsratschef Giorgio Behr, einen erfahrenen Sanierer und Unternehmer, der dem Konzernchef den Rücken stärkt. Und auf der anderen Seite steht der Friedrichshafener Oberbürgermeister Andreas Brand. Er hat als Vorsitzender der Zeppelin-Stiftung, der ZF zu fast 94 Prozent gehört, die Interessen der Eigentümer im Blick. Spätestens seit der Verdreifachung der Dividende – immerhin sollen 18 Prozent des Firmengewinns von ZF ausgeschüttet werden – scheint das Tischtuch zwischen Sommer und Brand zerschnitten.

Freilich, es mag einem Konzernchef sauer aufstoßen, wenn politische Erwägungen die Unternehmensstrategie bestimmen. Dass das nicht immer zum Besten ist, hat das Beispiel VW gezeigt. Die Krux bei ZF ist aber, dass alle ihre eigenen Interessen verfolgen und dabei vergessen haben, klarere Regeln für das Verhältnis zwischen Stiftung und Unternehmen aufzustellen.

Der Aufsichtsratschef ist schon mal abhandengekommen. Ob das beim Konzernchef auch bald der Fall ist? Diese Frage drängt sich geradezu auf. Das wäre die denkbar schlechteste Lösung.