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Im Streit um Stuttgart 21 sind der Worte genug gewechselt, sagt  Wolfgang Molitor.

Stuttgart - Ein Trauerspiel. Mit vielen Hoffnungen überfrachtet, sie könnte am Ende doch noch einen für alle Seiten praktikablen, wirtschaftlich wie politisch vertretbaren Weg aus der Sackgasse weisen, ist die Stuttgart-21-Schlichtung versandet. Tiefpunkt statt Aufbruch – es war nicht anders zu erwarten. Heiner Geißlers selbstherrlich-überraschender Vorstoß, den Fernverkehr über die unterirdische Durchgangsstation und den Nahverkehr über einen verkleinerten Kopfbahnhof abzuwickeln, mag unterhaltsam sein. Doch er berücksichtigt sich weder um die wirtschaftlichen Vorgaben der Bahn, noch entkräftet er die Rundumbefürchtungen der Gegner. Auch dass sich Stuttgart städtebaulich nicht weiterentwickeln könnte, spricht gegen Geißlers zeitraubenden Versuch zu retten, was nicht zu retten ist.

Es ist zu hoffen, dass der wieder zunehmend ruppig-polemische Ton der S-21-Gegner in den nächsten Wochen bei Protesten und Kundgebungen nicht Schule macht. Denn ihre Botschaft hallt so unversöhnlich wie lange nicht mehr durch den Talkessel: Wir sind an Informationen und Testberichten, die unsere Meinung nicht unterstützen, nicht interessiert. Es geht nicht mehr um den Stresstest. Es geht um Finten statt Fakten. Der „Lügenpack“-Ruf wird wie im Wahlkampf erneut zum Totschlagargument.

Es dürfte niemanden geben, der den großen Einsatz des 81-jährigen Moderators total gescheitert nennen wird. Aber Geißlers Coup ist unterm Strich nur ein medialer, einer, der neue Wege aufgezeigt hat, ohne je eine reelle Chance gehabt zu haben, ein Ziel zu erreichen. Nach einem kurzen Zwischenhoch endet die Schlichtung illusionslos. Weil Reden Handeln nicht ersetzen kann. Wo es keine Einigung gibt, müssen die einen entscheiden und die anderen zurückstecken. Jetzt sind die Bürger gefragt. Als letzte Instanz. Dass die Landesregierung ein Votum für Stuttgart 21 akzeptieren dürfte, ist zu vermuten, gilt aber nach den letzten grünen Eiertänzen nicht als sicher. Das Aktionsbündnis jedenfalls präsentiert sich nicht so, als ob es fähig und willens wäre, mit einem Ja leben zu können.

Es geht ja nicht mehr um das Für und Wider des Leistungstests. Es geht zuallererst um bornierten Widerstand. Wer wie Tübingens grüner OB Boris Palmer dem auch von ihm akzeptierten Schweizer Ingenieurbüro SMA unterstellt, befangen zu sein (nur weil ihm das professionell-einwandfreie Testat nicht in den Kram passt), hat sich aus dem Kreis der ernstzunehmenden Kritiker herauspalavert. Wer nachträglich die Grundlagen der Überprüfung verrücken will, auch.

Ein neuer Stresstest nutzt nichts. Ebenso wenig wie die Verlängerung der Schlichtung. Erst recht kein Zurück auf Start. Der Worte sind genug gewechselt. S 21 wird im Dissens entschieden. Kein Frieden in Stuttgart. Ein Trauerspiel.