Die Grünen Politiker Werner Wölfle und Muhterem Aras feiern den Wahltriumph ihrer Partei und ihr Direktmandat. Foto: dpa

Dem Siegesrausch könnte bei den Grünen schnell Katerstimmung folgen, meint Jörg Hamann.

Stuttgart - Historisches Ergebnis: Die Grünen sind in Stuttgart auch bei einer Landtagswahl erstmals stärkste Partei und haben ihren Erfolg bei der Kommunalwahl 2009 eindrucksvoll bestätigt. 34,5 Prozent - mehr als doppelt so viel wie bei der Landtagswahl 2006! Grüne Direktmandate für Muhterem Aras, Brigitte Lösch und Werner Wölfle! Zwar lagen Lösch und Wölfle nur knapp vor den CDU-Kontrahenten Christine Arlt-Palmer und Thomas Bopp. Nie zuvor hatten die Grünen in Stuttgart ein Direktmandat gewinnen können. Dass auch Franz Untersteller übers Zweitmandat - Stuttgarts einziges! - in den Landtag einzieht, macht ihren Triumph perfekt.

Landesweit hat die Ökopartei von der Katastrophe in Japan profitiert. In Stuttgart war das Fundament für den steilen Aufstieg im Protest gegen S 21 gelegt. Das erklärt, weshalb sie in der Hauptstadt um etwa zehn Prozentpunkte besser abschnitt als im Land. Viele ihrer Wähler erwarten jetzt das Aus für das Bahnprojekt. Doch dem Siegesrausch könnte schnell Katerstimmung folgen. Denn nichts deutet darauf hin, dass die Bahn auf ihr Baurecht verzichtet.

Debakel für CDU

Ohnehin könnte S 21 schnell zur grün-roten Zerreissprobe werden. Die SPD feiert sich zwar als Koalitionspartner, hat aber auch in Stuttgart mit 20,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis überhaupt kassiert. Für ihren Eiertanz bei S21 - einerseits dafür, andererseits für einen rechtlich fragwürdigen Volksentscheid - ist die SPD brutal abgestraft worden: Nicht mal mit einem Zweitmandat sind Stuttgarts Sozialdemokraten im neuen Landtag vertreten. Dass sie das Schicksal mit den Liberalen in der Hauptstadt teilen, die nur noch auf 6,1 Prozent kommen, wird sie kaum trösten.

Ein Debakel erlebte die Stuttgarter CDU, für die nur noch Reinhard Löffler das Fähnchen im Landtag hochhält: Gerade mal 31,5 Prozent der Stimmen, der Verlust von drei Direktmandaten - viele Wähler aus dem klassischen Bürgertum haben sich von den Christdemokraten abgewendet. Ursachen gibt es viele: Jahrelange parteiinterne Querelen und mit Wolfgang Schuster einen OB ohne Strahlkraft, der zuletzt noch von Ministerpräsident Stefan Mappus demontiert wurde. Auch in Stuttgart muss sich die CDU neu aufstellen, und das schnell: Sonst ist bei der OB-Wahl 2012 der nächste Machtverlust unvermeidlich.