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Koranverbrennung, Wirtschaftskrise, Misstrauen - USA in Schieflage, sagt unser Korrespondent.

Washington - Zerrissen begeht Amerika am Samstag den neunten Jahrestag der September-Attentate. Längst ist der stille Gedenktag in den Strudel ätzender politischer Polemik geraten. Eine kleine Gruppe radikaler Christen will sogar den Koran verbrennen, wenn nicht am Samstag, dann vielleicht in den nächsten Wochen oder Monaten. Würde Präsident Barack Obama den Islam heute in gleicher Weise in Schutz nehmen, wie es sein Vorgänger George W. Bush unmittelbar nach den Terror-Anschläge tat, wäre wütender Protest die Folge.

Das hat nicht nur mit dem hitzigen Wahlkampf und den Kongress-Wahlen in knapp zwei Monaten zu tun. Die Kriege im Irak und in Afghanistan - auch sie eine direkte Folge der September-Anschläge - haben das Land zermürbt. Der optimistische Glaube an die eigene unbezwingbare Stärke zerbröselt unter den Folgen der Wirtschaftskrise und einer relativ hohen Arbeitslosigkeit. Das politische Klima ist vergiftet. Und die einstige Stärke Obamas, mit geschliffenen Reden Hoffnung einzupflanzen, hat sich abgenutzt. Der Präsident ist selbst zur Reizfigur geworden. Amerika ist sich seiner selbst nicht mehr sicher. Das erklärt die aggressive Schärfe der Debatten, die von entfesselten Konservativen noch zusätzlich angeheizt werden.

Neun Jahre nach den Anschlägen des 11. September 2001 steht Amerika plötzlich vor einer weit größeren Herausforderung, als sich nur gegen äußere Feinde zu wehren. Das Land und Obama müssen den nationalen Kompass neu ausrichten.