VW-Chef Martin Winterkorn räumt seinen Posten. Foto: AP

Die Fallhöhe nach dem Abgas-Skandal, der durch die Ermittlungen der amerikanischen Umweltbehörde EPA ins Rollen gebracht wurde, ist beträchtlich. Statt als durchsetzungsstarker Manager geht Winterkorn als derjenige in die Geschichte eingehen, dessen Name sich für immer mit einem Industrieskandal verbindet, meint unser Kommentator.

Es entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Noch im Frühjahr hatte VW-Chef Martin Winterkorn die Sympathien der meisten Deutschen auf seiner Seite. Nach der öffentlichen Demontage durch den Ex-Firmenpatriarch Ferdinand Piëch blieb Winterkorn standhaft. Er ließ sich nicht aus dem Konzept bringen und sammelte beharrlich die Truppen hinter sich – mit Erfolg. Der böse Piëch dankte ab, der gute Winterkorn festigte seine Position als uneingeschränkter Herrscher in Deutschlands größtem Unternehmen. Mit der in Aussicht gestellten Vertragsverlängerung hätte er seine Karriere krönen und den Volkswagen-Konzern endlich wieder in ruhigeres Fahrwasser steuern können.

Die Fallhöhe nach dem Abgas-Skandal, der durch die Ermittlungen der amerikanischen Umweltbehörde EPA ins Rollen gebracht wurde, ist daher beträchtlich. Statt als durchsetzungsstarker Manager, der VW an die Spitze der weltweiten Automobilhersteller gebracht und Zehntausende neuer Jobs nicht nur in Niedersachsen geschaffen hat, wird der gebürtige Leonberger nun als derjenige in die Geschichte eingehen, dessen Name sich für immer mit dem wohl größten und vielleicht auch teuersten Industrieskandal in der deutschen Nachkriegsgeschichte verbindet. Doch Mitleid wäre gänzlich unangebracht. Denn als Vorstandschef trägt Winterkorn nun einmal die Verantwortung. Entweder er hat die Manipulationen selbst angeordnet oder zumindest geduldet. Oder er wusste, wie wiederholt beteuert, tatsächlich nichts davon. Dann hätte er seinen Laden nicht mehr im Griff gehabt und ebenso gehen müssen.

Jetzt geht es vor allem um Schadensbegrenzung. Neben einer lückenlosen Aufklärung bedeutet dies vor allem eine rasche Entscheidung über die Nachfolge von Martin Winterkorn. Matthias Müller von Porsche wäre dabei nicht der schlechteste Kandidat. Er gilt als integer und kennt sich im Wolfsburger Haifischbecken bestens aus. Noch besser aber wäre ein Generationenwechsel und echter Neuanfang, wie er etwa von VW-Marken-Chef Herbert Diess verkörpert würde. Ebenso wichtig wird aber sein, endlich das Problem der unterschiedlichen Schadstoff-Emissionen von Autos bei Zulassungstests und im tatsächlichen Betrieb auf der Straße anzugehen. Denn getrickst wird auch bei anderen Herstellern. Nur war bisher offenbar keiner so dreist.

m.gerster@stn.zgs.de