So sieht ein Samstagmorgen im angesagten Belgischen Viertel aus: Vor dem Café sitzen und klönen. Foto: Lerchenmüller

Mit der „Comedy-Tour“ und der „Lachexpedition“ geht es zünftig durch Köln. Mitfahren dürfen alle - sogar Düsseldorfer werden an Bord geduldet.

Köln - „So, Schätzeleins, ihr Lieben“, sagt das resolute „Köllsche Mädsche“, das seit einer Stunde durch den Bus auf- und abtigert, „jetzt wird es leider dunkel. Wir kommen auf die ,Schäl Sick‘, in die DDR von Köln. Alles ist hier grau, selbst die Blumen sind hässlich. Und seht euch bloß mal die Menschen an den Haltestellen an: Alle stehen mürrisch herum, alle sind unzufrieden, alle gucken sie mit großen Augen auf die andere Seite und wollen eigentlich nur eins: nix wie rüber!“ Die 50 Zuhörer brüllen vor Lachen - draußen scheint die Sonne, und die Leute wirken glücklich, dass sie auf der rechten Seite des Rheins zu Hause sind und sich nicht drüben durch das Touristengetümmel rund um Dom und Hohe Straße schlagen müssen. Jessica Sinapi aber macht das gut.

Die Schauspielerin mit den italienischen Wurzeln, die die „Comedy-Tour“ durch ihre Heimatstadt begleitet, bombardiert ihr Publikum mit einer Mischung aus Anmache, Gags, Spielen und Mitmachtheater. Sie dosiert ihren weichen rheinischen Singsang so weit, dass auch die Münchner und Lübecker im Bus sie verstehen, und schwört sie ein auf das, was sie „dat Kölle-Jeföhl“ nennt. Es werde keine Sightseeing-Tour, hatte sie angekündigt, sondern eine Reise ins Herz der köllschen Lebensart. Dafür müssen die Gäste zunächst Entzücken auf Kölner Art einüben: „Härrlich, nä, wat es dat schön!“, ertönt es nun immer wieder. Es folgen Bilderrätsel, ein Crashkurs „Wie beleidigt der Kölner richtig?“, Kölsch in Flaschen wird herumgereicht, und man trinkt nicht auf die Heiligen Drei Könige, nicht auf den einstigen Oberbürgermeister Konrad Adenauer, sondern: auf die Liebe!

„Drink doch ene met“

Bald singen und schunkeln alle mit: der Zeremonienmeister, die Klugscheißerfamilie, der Pressesprecher, das Geburtstagskind und alle anderen auch, die ihre Rolle auf dieser Tour weghaben. „Drink doch ene met“, heißt die Ballade der Bläck Fööss, und sie handelt vom armen Mann, der ohne Geld in die Kneipe kommt und dennoch freundlich aufgenommen wird. Jessica Sinapi leistet Schwerarbeit. Sie gönnt sich keine Pause, hat keinen Hänger und ihr Publikum fest im Griff. Die Pärchen aus dem befeindeten Düsseldorf dürfen bleiben, auch wenn sechs Kölner fröhlich krähen: „Schmeißt se russ!“ - und irgendwann ahnt man, dass es sich mit dieser Tour so ähnlich verhält wie mit dem Karneval: Die Kölner nehmen einen einfach mit, und man lässt sich darauf ein oder lässt es bleiben.

Scheinbar sind 90 Prozent der Hiesigen zum Frohsinn geboren und sehen ihre Berufung darin, die übrige Welt anzustecken. Die restlichen zehn Prozent wohnen auf der Schäl Sick. Det Kölle-Jefühl ist eine Mischung aus Fröhlichkeit und Melancholie, aus Sentimentalität und Schnoddrigkeit, eine Atmosphäre, an der man schon zuvor im „Gaffel am Dom“ kurz schnuppern durfte: In der weiten Bierhalle saßen Frauen und Männer in weiß-roten Trikots und sangen selig: Der 1. FC hatte wieder mal gewonnen. Die Köbesse rempelten sich mit ihren vollen Tabletts mittendurch und knallten wortlos Kölsch auf Kölsch vor die Gäste. Und es trinkt sich ja so schnell weg, das süffige Bier in den schlanken Gläsern - „Urinprobe“ nennt es einer der Düsseldorfer im Bus. Dann gehen eineinhalb Stunden Stand-up-Comedy zu Ende.

Es war „nä, wat schön“, aber von der Stadt, die draußen vorbeizog, hat man wenig erfahren. Geht das auch anders? Wie macht es etwa die Konkurrenz von der „Lachexpedition“? Edno Bommel heißt hier der Chef an Bord, ein Sachse in Köln, ein Zugereister wie jeder, der nicht mindestens fünf Ahnen-Generationen auf dem Melatenfriedhof liegen hat. Am Dom erzählt er, dass von 1248 bis 1880 daran herumgewerkelt wurde; am Geschäft von 4711, dass das Duftwasser nach der Hausnummer benannt wurde, die die französischen Besatzer vergeben hatten. Es geht vorbei am „gläsernen Walfischbauch“, den Renzo Piano für eine Textilkette errichtet hat, und an der zehn Meter hohen, knallbunten Eistüte, die die Pop-Art-Künstler Clas Oldenburg und Coosje van Bruggen an ein Gebäude am Neumarkt geklebt haben.

„Ich möch zo Foß noh Kölle gon“

Hier fand 1823 auch der erste Rosenmontagszug statt, „immer im Kreis herum“, und im Übrigen, meint Bommel, der Mann im hellbraunen Cordsakko, finde sich „historisch kein Beleg, dass dieser Platz je schön gewesen wäre“. Am Millowitsch-Theater erzählt er von der Puppenspieler-Dynastie, aus der der geliebte Willi hervorging, am Melatenfriedhof von den Halsbandsittichen, die sich hier angesiedelt haben. Im neureichen Düsseldorf gebe es sie übrigens auch: „Da sind die Halsbänder von Swarovski.“ Und natürlich wird auch in diesem Bus immer wieder heftigst lokalem Liedgut gehuldigt: „Ich möch zo Foß noh Kölle gon“. „Und alle!“, befiehlt Bommel.

Angekommen auf der Schäl Sick dürfen die Teilnehmer aussteigen, erhalten ein „lokaltypisches Erfrischungsgetränk“ und dürfen den Klinkerbau der Kölner Messe bewundern. Schäl Sick heiße die rechte Rheinseite im Übrigen, weil den Pferden, die hier Schiffe zogen, die Sonne in die Augen schien, worauf sie nur „schäl“ gucken (schielen) konnten. Nach zwei Stunden ist die Tour vorbei. Wer mehr über die Stadt erfahren wollte, war bei Bommel richtig. Krachiger ging es bei Jessica zu. Aber wie auch immer: Ein paar echte Kölner und wagemutige Düsseldorfer sollten auf jeden Fall mit an Bord sein.

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Infos zu Köln

Lustige Touren durch Köln
„Comedy-Tour“: jeden Freitag und Samstag um 18 und 20.30 Uhr, 25 Euro zzgl. VVK-Gebühr, Telefon 0 18 06 / 57 00 70, www.comedytour.de

„Lachexpedition“: jeden Freitag und Samstag abends, 25 Euro zzgl. VVK-Gebühr, Telefon 02 21 / 28 01, www.lachexpedition.de.

Unterkunft
Das Hotel Chelsea ist eines der ersten Künstlerhotels in Deutschland. DZ ab 95 Euro, www.hotel-chelsea.de

Die Wohngemeinschaft hat nur acht Zimmer mit Etagenduschen. DZ ab 59 Euro, www.die-wohngemeinschaft.net

Das Lindner City Plaza ist ein Vier-Sterne-Haus und liegt genau zwischen den angesagten Quartieren Friesenviertel und Belgisches Viertel. DZ ab 110 Euro, www.lindner.de.