Wegen Verzögerungen bei den Bauarbeiten steigen die Kosten für den Neubau der Klinik. Der Umzug wurde auf den 22. Juni 2024 verschoben. Foto: Staufenpress

Die Gesamtkosten für den Neubau der Klinik am Eichert steigen erneut: auf 465 Millionen Euro. Der Umzug in die neue Klinik am Eichert in Göppingen ist für Juni 2024 geplant – derzeit.

Das neue Ärztehaus neben der neuen Göppinger Klinik sollte in den nächsten Tagen eingeweiht werden, der Umzug in den Neubau der Klinik am Eichert war für das Frühjahr 2024 geplant. So steht es auch in dem Flyer über das Megaprojekt, der in der Klinik ausliegt. Wenn da nicht die Probleme wären, von denen jeder Häuslesbauer derzeit ein Lied singen kann: Baumaterialien fehlen, es gibt nicht genügend Handwerker, um die Bauarbeiten im Plan zu halten, und die steigenden Kosten müssen über teure Kredite finanziert werden. Dadurch verschiebt sich auch der Zeitplan der Klinikleitung, „obwohl wir bis Ende vergangenen Jahres gut in der Zeit lagen“, erklärte Wolfgang Schmid, der Kaufmännische Geschäftsführer der Alb-Fils-Kliniken (AFK) am Freitag auf einer Pressekonferenz und anschließend auf der Sitzung des Kreistags.

Arbeitsverweigerung bei Bauarbeitern?

Beim Neubau gebe es „Koordinations- und Planungsdefizite bei den Bauleitungen und Planungsbüros“, und es fehle vor allem in den Bereichen Sanitär, Trockenbau und Elektronik an den notwendigen Baufortschritten. „Die erste Verzögerung ergab sich durch den Bereich Haustechnik“, erklärt der verantwortliche Planer Stefan Ernst. Inzwischen kämpft das Bauteam mit der ungewöhnlichen Situation, dass ein Teil der beauftragten Trockenbauer „personelle Mindestleistungen hat, die nur knapp oberhalb der Leistungsverweigerung einzuordnen sind“, formuliert Ernst.

Dahinter stecke die Tatsache, dass die Handwerksunternehmen ihre Mitarbeiter auf anderen Baustellen einsetzten, bei denen die Unternehmen mehr verdienten. „Das sagen sie uns auch ganz offen“, berichtet Ernst. Intensive Gespräche hätten bei zwei der drei betroffenen Trockenbauer inzwischen zu einer Verbesserung der Situation geführt. „Das Problem ist derzeit wie bei einem Trichter, viele Arbeiten können nicht begonnen werden, wenn andere nicht fertig sind“, beschreibt Schmid die Lage.

Juristisches Tauziehen bei mehr als einem Dutzend Aufträgen

Auch die Lieferung von Schaltschränken, von denen für die neue Klinik eine größere Menge geplant sind, ist ein Problem. „Ohne Schaltschränke können wir keine Brandschutzmelder anschließen“, erklärt Wolfgang Schmid. Bei 15 Auftragnehmern lassen sich die Alb-Fils-Kliniken derzeit juristisch beraten, „in einem Fall, der sich allerdings auf das Parkhaus bezieht, läuft eine Klage“, berichtet Schmid.

So verschiebt sich der Umzug ins fünfgeschossige Ärztehaus nach derzeitigem Stand auf den September dieses Jahres. Die neue Klinik soll am 22. Juni 2024 in Betrieb gehen. Dabei wurde sogar noch Rücksicht auf den Göppinger Maientag genommen, der eine Woche vorher stattfindet. Zwei Wochen vor dem 22. Juni soll die Gefäßchirurgie im Pilotbetrieb in den Neubau ziehen. „Dadurch können wir schon einmal trainieren, die Logistik testen und mögliche Fehler ausmerzen“, erklärt Dr. Ingo Hüttner, der Medizinische Geschäftsführer der AFK.

Durch die Verzögerung bei den Bauarbeiten kommt es derzeit zu Mehrkosten von 5,1 Millionen Euro. Gegenüber der letzten Schätzung vom November 2022 steigen die Kosten für das gesamte Bauprojekt damit von 455 Millionen Euro auf derzeit 465 Millionen Euro. Eingerechnet ist dabei auch ein zusätzlicher Puffer von 4,9 Millionen Euro. „Dieser Puffer sollte realistisch sein, damit sollten wir ins Ziel kommen“ hofft Landrat Edgar Wolff. Der Landkreis als Träger der Klinik übernimmt 110 Millionen Euro. Allerdings wurde – außer den Erdarbeiten – für den Neubau noch keine Schlussabrechnung erstellt, wie Kreisrat Reiner Ruf (Freie Wähler) im Kreistag auf Nachfrage erfuhr. Bedenken äußerte Kreisrat Sascha Binder (SPD), was passiere, „wenn sich der Bau so verteuert, dass der Puffer irgendwann nicht mehr reicht“. Das Beratungsunternehmen Roland Berger hatte im Sommer 2022 einen Finanzierungspuffer von 16,3 Millionen Euro für das Projekt errechnet.

Vom land gibt weitere Millionen-Zuschüsse

In der aktuellen Kostenprognose sind ebenfalls 20 Millionen Euro für den Abbruch der bestehenden alten Klinik sowie 14,3 Millionen Euro für den Neubau des Bildungszentrums enthalten. Gleichzeitig rechnet die Klinikleitung mit einer zusätzlichen Förderung von 7,5 Millionen Euro, die sie aus der Nachförderung des Landes Baden-Württemberg beantragt hat. Damit schießt das Land für alle Krankenhausbauprojekte, die zwischen 2018 und 2021 begonnen wurden, zusätzliches Geld zu. Allerdings gibt es für diese zusätzliche Förderung bisher noch keine Zusage.

Kleine Chronik des Neubaus

Kostenentwicklung
 Als der Kreistag erstmals über den Neubau der Klinik am Eichert abstimmte, standen 2012 Kosten zwischen 320 und 350 Millionen Euro im Raum. Die vollständige Sanierung des bestehenden Klinikgebäudes hätte zwischen 340 und 420 Millionen kosten sollen. Die von einem Gutachter damals ermittelten Baukosten für den Neubau stiegen im Verlauf von rund zehn Jahren zuerst auf 450 Millionen und im Herbst 2022 erneut auf 455 Millionen Euro.​

Daten
 Im April 2019 gab es den Spatenstich für das riesige Bauprojekt. Das Richtfest für die neue Klinik wurde im Juli 2021 gefeiert. Ursprünglich hätte der Umzug in die neue Großklinik allerdings bereits im Jahr 2021 erfolgen sollen.