Ein Baustein des Energiekonzepts: die Wärmedämmung Foto: dpa

Die Landeshauptstadt muss beim Energiesparen und dem Einsatz erneuerbarer Energien stark zulegen, wenn sie ihre für 2020 gesteckten Zielmarken für den Klimaschutz noch erreichen will. OB Fritz Kuhn (Grüne) hat dazu am Donnerstag den Entwurf für das Energiekonzept vorgelegt.

Stuttgart - Bis 2020 soll in der Landeshauptstadt der Energieverbrauch um 20 Prozent reduziert und der Anteil der erneuerbaren Energien gegenüber dem Basisjahr 1990 auf 20 Prozent erhöht werden. Das verarbeitende Gewerbe (ab 20 Mitarbeiter) ist vorbildlich, hat nach Berechnungen des Umweltamtes 35 Prozent Einsparung geschafft. Andere Bereiche hinken hinterher.

OB Fritz Kuhn (Grüne) will mit dem Konzept „Urbanisierung der Energiewende in Stuttgart“ Einsparung und Effizienz deutlich verbessern. Federführend erarbeitet hat es Jürgen Görres, der Leiter der Energieabteilung im Umweltamt. Den neuen Stadtwerken schreibt Kuhn eine wichtige Rolle zu, „zentral“ seien außerdem Wärmenetze. Das für Fernwärme solle die Stadt von der EnBW erwerben, fordern verschiedene Umweltgruppen.

„Auch wenn Öl zurzeit billig ist, die Energieressourcen werden knapper und teurer, wir müssen also auf eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energieversorgung umschwenken“, sagte Kuhn am Donnerstag bei der Präsentation des 31 Seiten umfassenden Papiers (www.stuttgart.de/energiekonzept).

Der Entwurf solle die Diskussionsgrundlage für Debatten mit Bürgern, Unternehmen, Institutionen und dem Gemeinderat geben. Und es muss fortgeschrieben werden, denn für 2030 und 2050 liegt die Messlatte noch höher. In 36 Jahren soll der Anteil der erneuerbaren Energien 80 Prozent erreichen und nur noch die Hälfte der heutigen Energiemenge benötigt werden. Das seien „große Unabhängigkeitsvisionen“, so Kuhn.

Wer zahlt? „Im Haushalt 2016/2017 werden wir zusätzliches Geld einstellen, um die Energiewende voranzubringen“, sagte der OB, man setze aber auch auf steuerliche Erleichterungen bei Sanierungen. Darüber streiten sich Bund und Länder. Die Arbeit des von der Stadt unterstützten Energieberatungszentrums zeige, so Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD), wie Fördergeld Investitionen anrege. 24 Millionen Euro aus dem kommunalen Energiesparprogramm hätten 249 Millionen Euro Investitionen ausgelöst. Profiteur sie das Handwerk.

Die Energiewende finanzieren müssten aber „im Großen und Ganzen private Haushalte und die Wirtschaft“, sagte Kuhn. Zur rationalen Rechnung empfiehlt der OB „am Schluss immer noch den Idealismusfaktor“.

An der von Initiativen wie dem Wasserforum verteufelten Wärmedämmung führt laut Kuhn kein Weg vorbei. „Wir schließen uns der Kampagne gegen das Dämmen nicht an“, so der OB. Fachgerechtes Dämmen könne Teil einer Sanierung sein.

Um die Energiewende erfassen und steuern zu können hat das Umweltamt rund 70 Maßnahmen beschrieben, die sich auf fünf Handlungsfelder verteilen. Ausgangspunkt ist der Gesamtenergieverbrauch in der Stadt 2012 in Gigawattstunden pro Jahr (GWh/a, eine Gigawattstunde sind eine Million Kilowattstunden). Bis 2020 müssen 1300 GWh/a eingespart werden. Sie verteilen sich so:

Städtische Liegenschaften
Verbrauch: 800, Einsparziel: 100 GWh/a. Geplant sind zum Beispiel der Plusenergiestandard bei städtischen Neubauten, Umstellung der Signalanalgen auf LED, Fotovoltaikanlagen, Pelletheizungen, Holzhackschnitzelfeuerung, thermische Solaranalgen, Mineralwasserwärmenutzung in Hallenbädern, Bau von Blockheizkraftwerken.
Private Gebäude, Wohnen
Verbrauch: 5900, Einsparziel: 700 GWh/a. Geplant sind zum Beispiel Haushaltsberatungen zur Einsparung und Sanierung, Steigerung der Sanierungsquote von ein auf zwei Prozent pro Jahr, Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung, Energiemanagement für Wohnungsunternehmen, Energieberatung für Sportvereine.
Gewerbe, Handel, Dienstleistung, Industrie
Verbrauch: 9600, Einsparziel: 300 GWh/a. Der Handlungsspielraum in Industrie und Wirtschaft sei begrenzt, sagt die Stadtverwaltung. Geplant sind Aktionswochen zum Energiesparen im Betrieb, Energieeffizienzpreis, ein Förderprogramm für Effizienzmaßnahmen und ein stärkerer Austausch mit Unternehmen und Betrieben.
Verkehr
Verbrauch: 3100, Einsparziel: 200 GWh/a. Geplant sind zum Beispiel flächendeckende Stromladestationen für Autos und Fahrräder und bei großen Bauprojekten vertragliche Bindungen, Kauf von mehr E-Fahrzeugen, Info-Veranstaltungen.
Energieversorgung
Ziel sind die Erneuerung von Kraftwerken (zum Beispiel Gas statt Kohleverfeuerung in Gaisburg), der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, Ausbau und Verdichtung des Fernwärmenetzes, Nutzung von Abwärme.