Die Menschen Afrikas leiden unter den Folgen der Klimakrise. Foto: dpa/WFP/Tsiory Andriantsoarana

Wie ein Scheich aus Dubai Milliarden an der Klimakrise und der Not Afrikas verdient, indem er die Rechte an Wäldern und Schutzgebieten erworben hat.

Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis ein gewiefter Geschäftsmann – in diesem Fall sogar ein Prinz – die Gelegenheit wahrnehmen würde. Scheich Ahmed Dalmook al-Maktoum, Spross der königlichen Familie in Dubai, wo gegenwärtig der 28. Klimagipfel der Vereinten Nationen stattfindet, hat einen eindrucksvollen Weg gefunden, aus der Klimakatastrophe noch Kapital zu schlagen – und dem Notstand, in den Afrika dadurch geraten ist.

 

Der jugendliche Scheich gründete im August 2022 die Firma Blue Carbon, die sich in Afrika als Agentin im Emissionshandel anbietet. Dazu erwirbt das Unternehmen die entsprechenden Rechte über weite Regionen afrikanischer Staaten, die als Kohlenstoffreiniger gelten – vor allem Wälder und Naturschutzgebiete. Im Einzelnen legte der Prinz seinen Finger auf 20 Prozent der Landesfläche Simbabwes, zehn Prozent von Liberia sowie größere Teile Tansanias, Sambias und Kenias – insgesamt eine Fläche von der Größe Großbritanniens. Die Kohlenstoff-Guthaben, über die diese Staaten infolge einer Vereinbarung des Pariser Klimagipfels vor acht Jahren verfügen, will Scheich Ahmed an Unternehmen oder Regierungen im reichen Norden oder Mittleren Osten verscherbeln, die ihren Nachhaltigkeitspflichten nicht nachkommen. Dabei handelt es sich um Milliardenbeträge. Die Pointe, falls man der britischen Tageszeitung „Guardian“ Glauben schenkt, die einen der Verträge gesehen haben will: Der Prinz streicht für seine Dienste 70 Prozent Kommission ein.

Kenias Präsident William Ruto hatte demnach also recht, als er im September beim ersten Afrikanischen Klimagipfel in der Hauptstadt Nairobi den Emissionshandel als eine „einzigartige wirtschaftliche Goldmine“ bezeichnete. Die Kohlenstoffkredite, fügte der Chef des ostafrikanischen Staats hinzu, sollten zu einem „bedeutenden Exportartikel“ seines Landes werden. Bislang vernachlässigte ganz Afrika diese Einnahmequelle: Nach Schätzungen der Afrikanischen Kohlenstoffmarkt Initiative (Acmi) nimmt der Kontinent nur zwei Prozent des Potenzials des Emissionshandels in Anspruch.

Afrika rechnet bis Mitte des Jahrhunderts mit mehr als 110 Millionen Flüchtlingen

Dabei ist der Erdteil auf finanzielle Mittel zur Abfederung der katastrophalen Folgen der Klimaerwärmung dringend angewiesen. Der Kontinent, der mit nur vier Prozent zum weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen beiträgt, wird zunehmend von Dürren, Überschwemmungen und Hitzerekorden heimgesucht. Afrika muss bis Mitte des Jahrhunderts mit mehr als 110 Millionen Flüchtlingen und bis Ende des Jahrhunderts mit einem Einbruch seiner Wirtschaftsleistung um mehr als 60 Prozent rechnen. Ein derartiges Szenario durch Anpassungsmaßnahmen zu verhindern, wird die 55 Staaten des Kontinents jährlich bis zu 250 Milliarden US-Dollar kosten, rechnet die UN vor. Bislang hat der Erdteil nur einen Bruchteil diese Summe von den Verantwortlichen der Erhitzung im Norden des Globus erhalten: Dass sich das nach dem Klimagipfel in Dubai entscheidend verändert, ist nicht zu erwarten.

Der Emissionshandel könne jährlich bis zu 800 Milliarden Dollar einbringen

Der Emissionshandel könne jährlich bis zu 800 Milliarden Dollar einbringen, erwarten Fachleute: zehnmal mehr als die Summe aller derzeitigen Auslandsinvestitionen in Afrika. Mit dem Geld könnte die Anpassung des Kontinents an noch heißere Zustände ohne Weiteres finanziert werden. Allerdings warnten schon in Paris viele davor, dass der Kuhhandel zahlreiche Gefahren in sich berge. Etwa, dass Firmen in den Industrienationen an einer Umstellung ihrer schmutzigen Produktion gar kein Interesse mehr hätten, oder dass es bei der Berechnung der Kohlenstoffkredite zu Streitereien kommt. Woran damals noch keiner gedacht hat: dass ein Großteil des Geldes den Kontinent niemals erreichen wird, weil sich ein Erdölscheich an dem Emissionshandel noch zusätzlich bereichert.

Prinz Ahmed ist in der Welt des Zwielichts übrigens kein Unbekannter. Er machte sich schon während der Coronapandemie einen schlechten Namen, als er den minderwertigen russischen Impfstoff Sputnik V an afrikanische Staaten verscherbelte – teilweise um das Doppelte des Einkaufspreises.