Paul Klee: „Mit dem braunen Dreieck“, Aquarell aus dem Jahr 1915 aus dem Kunstmuseum Bern Foto: Kunstmuseum Bern / Fondation Beyeler

Paul Klee hat in seinen Bildern verlässlich die Verbindung zur Wirklichkeit gewahrt. Die Fondation Beyeler geht nun in der Ausstellung „Paul Klee – Die abstrakte Dimension“ der Frage nach, wie sehr die Abkehr vom Gegenständlichen den Schweizer Künstler beschäftigte.

Basel - Er zählt nicht unbedingt zu den abstrakten Künstlern. Paul Klee gilt als Malerpoet und Bildmagier, dessen Schöpfungen am Ende verlässlich die Verbindung zur Wirklichkeit wahren, und sei es über den Assoziations-Draht des Titels. Während die Standardformel „o. T“ – ohne Titel – geradezu zur Grundausstattung der Abstrakten gehört, gibt es bei ihm (fast) kein „o. T.“ Dabei existieren Klee-Werke zuhauf, die man im Grunde der Abstraktion zuordnen müsste. Die Ausstellung „Paul Klee – Die abstrakte Dimension“ in der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel macht jetzt erstmals überhaupt Klees Verhältnis zur Abstraktion zum Thema. Sehr zu Recht, ist Klee doch in Wahrheit einer der Pioniere der Abstraktion. Nur dass er aus ihr, anders als Kandinsky, Malewitsch oder Mondrian, kein Glaubensbekenntnis machte. Eine von verschiedenen Möglichkeiten war sie für ihn. Klee spielt mit der Abstraktion – und hält sich klammheimlich stets ein Hintertürchen zur Gegenstandswelt offen. 110 Werke versammelt die Schau, neben zahlreichen selten bis nie gezeigten Werken aus Privatbesitz auch zehn der zwanzig Arbeiten aus den Beständen der Fondation Beyeler.

„Abstraktion. Die kühle Romantik dieses Stils ohne Pathos ist unerhört“, notiert Klee 1915 in sein Tagebuch. Drei Jahre zuvor tauchen bei ihm erstmals abstrakt anmutende Bilder aus rasterartig nebeneinander gesetzten bunten Farbflächen auf. Seit der Tunis-Reise 1914 lädt er sie intensiv mit Farbe auf. Das einzige Realitätselement des Aquarells „In der Einöde“ - einer Frucht dieser Reise – ist, inmitten zerlaufender Farbrechtecke lediglich angedeutet und klein in die Mitte gesetzt: ein Kamel.

Späte Werke nehmen das Informel vorweg

Das Aquarell „Und es ward Licht“ charakterisiert Kunst unterschwellig als Schöpfung aus dem Nichts, die sich auf Realität gar nicht beziehen kann, weil sie ihre eigene hervorbringt. In dem abstrakten „Mondauf-gang“ aus Farbrechtecken wiederum stiftet allein der Himmelskörper als gelber Kreis einen gegenständlichen Bezug. Bisweilen rechtfertigen bereits minimalistische Realitätspartikel wie die beiden Bogenformen in „Städtebild“ gegenständliche Titel. Motive, die in informelle Farbnebel getaucht sind, schaffen eine eigentümliche Zwischenwelt, in der ein einziges, isoliertes gegenständliches Element zum Vehikel einer Reise ins Ungegenständliche werden kann. In den so genannten Quadratbildern, Schichtbildern und Lagenbildern der Bauhaus-Zeit streift Klee dann noch die letzten gegenständlichen Schlacken ab. Auch „Klassische Küste“ von 1931 würde man ohne Titel vermutlich als Abstraktion interpretieren. Die in der Überschrift mitschwingende Ironie – ist doch das Bild kein bisschen eine klassische Küstenlandschaft - weckt grundsätzliches Misstrauen gegenüber Klees Titeln.

Verweist etwa „Bildarchitektur rot gelb blau“ von 1923 womöglich gar nicht auf Gebautes und ist vielmehr das Bild selbst als abstrakte Komposition die Architektur? Derartige Schöpfungen reichert Klee im letzten Lebensjahrzehnt mit zeichenartigen Elementen an wie in „Zeichen in Gelb“ (1938). Einige späte Werke aber scheinen bereits das Nachkriegsinformel vorwegzunehmen, das Klee, der 1940 starb, nicht mehr erlebte. Gegenständliche Bildtitel wirken hier wie Beschwörungsformeln gegen den Horror vacui vor dem Abstrakten.

Bis zum 21. Januar, täglich geöffnet 10–18 Uhr, Mi bis 20 Uhr.